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Sonderdruck auS Monographien des römisch-Germanischen Zentralmuseums Band 129 römisch-germanisches Zentralmuseum Leibniz-Forschungsinstitut für archäologie dieter Quast (Hrsg.) Das grab Des fränkischen königs chilDerich in Tournai unD Die anasTasis chilDerici von Jean-Jacques chiffleT aus DeM Jahre 1655 Mit Beiträgen von Hermann ament · raymond Brulet · annette Frey · andreas Gietzen Matthias Hardt · elmar Mittler · Patrick Périn · dieter Quast Philipp von rummel · Fritz Wagner † · Ian Wood Verlag des römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz 2015 redaktion: Stefan albrecht, claudia nickel, Marie röder, Laura Weszkalnys (rGZM) Satz: claudia nickel (rGZM) umschlaggestaltung: reinhard köster, Michael ober (rGZM) Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek die deutsche nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliograie; detaillierte bibliograische daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-88467-256-3 ISSN 0171-1474 © 2015 Verlag des römisch-Germanischen Zentralmuseums das Werk ist urheberrechtlich geschützt. die dadurch begründeten rechte, insbesondere die der Übersetzung, des nachdrucks, der entnahme von abbildungen, der Funk- und Fernsehsendung, der Wiedergabe auf fotomechanischem (Fotokopie, Mikrokopie) oder ähnlichem Wege und der Speicherung in datenverarbeitungsanlagen, Ton- und Bildträgern bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. die Vergütungsansprüche des § 54, abs. 2, urhG. werden durch die Verwertungsgesellschaft Wort wahrgenommen. druck: betz-druck GmbH, darmstadt Printed in Germany. INhaltSverzeIchNIS Vorwort (Dieter Quast) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Chiflet – der Autor und sein Werk Jean-Jacques Chiflet (1588-1660) und die Anastasis Childerici I Francorum regis (Andreas Gietzen) . . . . 3 Das Druck- und Verlagshaus Plantin-Moretus und Chilets Anastasis Childerici I – archäologie und Politik (Elmar Mittler) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Die politische Bedeutung des Childerich-Grabfundes von 1653 (Fritz Wagner) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 der Quellenwert der Anastasis Chiflets (Dieter Quast) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Childerich – der König und sein Grab die Stadt Tournai in der Spätantike (Raymond Brulet) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 Lage und entdeckung des childerichgrabes (Dieter Quast) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Verloren – verschenkt – geraubt: das Schicksal der Funde aus dem childerichgrab (Annette Frey) . . . . . 99 der diebstahl des »Schatzes des childerich I.« aus der königlichen Bibliothek von Paris in der Nacht vom 5. zum 6. November 1831 (Patrick Périn) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 childerich und der abbé du Bos (Ian Wood) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 das childerichgrab in der archäologischen Forschung (Hermann Ament) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 der Grabbau (Dieter Quast) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 die Grabbeigaben – ein kommentierter Fundkatalog (Dieter Quast) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 Prunkvolle kleidung im 5. Jahrhundert im Spiegel der Schriftquellen (Philipp von Rummel) . . . . . . . . . 209 childerich I. in den historischen Quellen (Matthias Hardt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 V Chlodwig – der Nachfolger und seine Botschaften der Vater, ein fränkischer könig im Gallien des 5. Jahrhunderts (Dieter Quast) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 chlodwig – die codes der Macht (Dieter Quast) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 Originaltext und Übersetzung Anastasis Childerici I. Francorum regis, sive thesaurus sepulchralis Tornaci Nerviorum effosus, & commentario illustratus. Auctore Ioanne Iacobo Chiletio, Equite, Regio Archiatrorum Comite, & Archiducali Medico Primario . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 die anastasis childerichs I., des königs der Franken, bzw. der Grabschatz, ausgegraben zu Tournai im Lande der nervier und mit einem kommentar erläutert. Von Jean-Jaques Chiflet, Ritter, oberster königlicher Hofarzt, oberster erzherzoglicher Arzt. Übersetzung und philologische anmerkungen (Andreas Gietzen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Verzeichnis der autorinnen und autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517 VI VorWort Das 1653 entdeckte Grab des fränkischen Königs Childerich I. ist wohl jedem Archäologen bekannt, der sich mit dem Frühmittelalter beschäftigt 1. Immer wieder erscheinen Beiträge in ausstellungskatalogen, untersuchungen zu einzelaspekten und auch mehrere einträge in unterschiedlichen Lexika liegen vor. da die meisten Funde 1831 einem Einbruchdiebstahl in die Bibliothèque Royale in Paris zum Opfer ielen, gewann die bereits zwei Jahre nach der Aufindung des Grabes vorgelegte Publikation von J.-J. Chiflet 2 eine ganz besondere Bedeutung, denn dort waren die Funde abgebildet und sehr knapp beschrieben. Diese 1655 in barockem Latein abgefasste arbeit ist aber den meisten Wissenschaftlern nicht zugänglich. daher entstand die Idee, den Text neu zu edieren und mit philologischen anmerkungen zu versehen. In Gesprächen stellte sich heraus, dass bereits mehrere kollegen über eine solche arbeit nachgedacht hatten, aber letztlich über die Planung noch nicht hinausgekommen waren. auch eine »modernen ansprüchen genügende neue analyse des Grabes« war geplant. Letztlich scheint der ausführliche Artikel von Kurt Böhner aus dem Jahr 1981 aber eine solche untersuchung ersetzt zu haben. und die ausgrabungen der université catholique de Louvain unter der Leitung von Raymond Brulet in den Jahren 1983-1986 machten eine isolierte Auswertung des childerichgrabes sinnlos, stellten die ergebnisse doch die Bestattung in einen neuen kontext. diese Grabungen sind seit über 20 Jahren publiziert und in die auswertungen wurde das königsgrab miteinbezogen 3. Die fehlende Neuedition der Arbeit Chiflets stand aber noch immer aus. Dafür konnte Andreas Gietzen gewonnen werden. Versehen mit einem Stipendium des rGZM übernahm er diese aufgabe im rahmen seiner Staatsexamensarbeit »childerich und die Franken. Studien zur fränkischen Geschichte im vierten und fünften Jahrhundert n. chr.«. die arbeit wurde von Herrn Prof. dr. Filippo carlà im Historischen Seminar der Johannes Gutenberg-universität Mainz betreut und 2013 abgeschlossen. es erschien sinnvoll, darüber hinaus autor und Werk einzuordnen, und natürlich ebenso die Funde aus dem Grab childerichs und childerich selbst als historische Person. Bei einem so reizvollen Thema waren schnell einige Mitstreiter gewonnen und so nahm das Projekt Fahrt auf. Die einzelnen Beiträge sollten kurz den Forschungsstand darstellen – eine detaillierte, neue auswertung war nicht das Ziel. es war klar, dass sowohl die Schriftquellen als auch die archäologischen Quellen häuig einen gewissen »Interpretationsrahmen« boten. Bekanntermaßen geht das bei der Datierung der Grablegung los, denn das lange Zeit akzeptierte Datum 481/482 ist längst nicht so sicher 4. Und in der Archäologie werden Adjektive wie römisch und germanisch konträr für die Benennung childerichs erörtert. nicht immer waren die autoren des vorliegenden Buches einer Meinung, wie einzelne Objekte oder Ereignisse zu bewerten sind, doch das relektiert nur die seit über 150 Jahren intensiv geführte diskussion über dieses königsgrab: Vom fränkischen könig bis zum römischen General reicht die charakterisierung, die Herkunft der qualitativ herausragenden Goldschmiedearbeiten wurde im »gotischen kulturkreis« gesehen, vermittelt von hunnischen Handwerkern, oder wahlweise im oströmischen reich oder Italien. Immer wieder wurde – gerade im kontrast zu seinem nachfolger chlodwig – die heidnische ausrichtung der Grablege betont. und von besonderer Bedeutung war childerichs Beziehung zum römischen reich. In den letzten Jahren wurde mehr auf die Inszenierung der Bestattung durch chlodwig hingewiesen. der name setzt sich aus »hild« kampf, und »rik« könig zusammen: Jungandreas 1981, 440. 2 der name des autors ist fast immer mit zwei F geschrieben. einzige ausnahme ist die Publikation des childerichgrabes, in der Chilet mit nur einem F wiedergegeben ist. In diesem Band haben wir uns dafür entschieden, den namen konsequent als Chiflet zu schreiben. Lediglich für das Literaturzitat der 1655 1 erschienenen Vorlage des Grabes childerichs wird hier aus bibliographischen Gründen abgewichen. 3 Brulet 1990; 1991 (dort bes. 190-192 zum »sépulture royale«). 4 Halsall 2001, 119. – Die erneute Analyse der Solidi (Fischer / Lind 2015, 20) unterstützt ausdrücklich eine Grablegung in die frühen 480er Jahre. VII Zuletzt wurden von Manfred eggert die Gräber childerichs und seines Sohnes zur Beschreibung bzw. kontrastierung der von ihm herausgearbeiteten wichtigsten charakteristika archäologischer und schriftlicher Quellen gewählt 5. Sicherlich wird das Grab childerichs auch weiterhin anlass für diskussionen bieten. dieser Band möge dazu beitragen, den Forschungsstand in den unterschiedlichen Fachrichtungen schnell zu erfassen und die diskussion auf eine solide Basis zu stellen. Ein Dank geht an alle beteiligten Autoren, die mit großem Engagement mitgearbeitet und fristgerecht ihre Beiträge zur Verfügung gestellt haben. Mehr als ein »riesiges dankeschön« schulde ich den kollegen aus dem Verlag des rGZM, die für diese Publikation unmögliches möglich gemacht haben: claudia nickel, Marie röder, Laura Weszkalnys, reinhard köster und besonders auch Stefan albrecht. Herzlich zu danken habe ich ebenfalls Monika Weber und Vera kassühlke für graphische arbeiten, Volker Iserhardt und Sabine Steidl für Fotoarbeiten. Anna-Maria Bojzak war eine große Hilfe bei der Digitalisierung des Aufsatzes von Fritz Wagner. ein besonderer dank geht an drei kollegen für intensive diskussionen und die Bereitschaft zur Mitarbeit an diesem Band: Patrick Périn, einen der besten kenner der archäologie der Merowingerzeit, der mich schon als »jungen« Magister in einer erfreulich unkomplizierten Weise in das Netzwerk der französischen Frühmittelalterarchäologie einband. raymond Brulet, den Leiter und Initiator der ausgrabungen der Jahre 1983-1986 in Tournai, der bereitwillig einen Beitrag zu dieser Publikation beisteuerte, obwohl er selbst eine Neuedition des Chiflets plante. Und schließlich an Frans Theuws, mit dem ich so lange und intensiv über das childerichgrab diskutierte, dass ich fast den Zug verpasst hätte. die Beschäftigung mit dem Grab des fränkischen königs führte zu einer kleinen Sonderausstellung im RGZM. Ein großer Dank geht an alle an diesem Projekt beteiligten Kollegen: Holger Baitinger, Ronald Bockius, Vera Kassühlke, Antje Kluge-Pinsker, Ulrike Lehnert, Sabby Mohrhardt und Markus Scholz. Die Diskussionen in dieser runde haben oftmals zum Präzisieren eigener Überlegungen aufgefordert und neue Gedanken angeregt. aufgrund ihrer detaillierten kenntnisse der archäologie der Merowingerzeit habe ich von Antje Kluge-Pinsker als Sparringspartnerin sehr proitiert. Auch dafür möchte ich meinen Dank aussprechen. und ein extra-dankeschön schulde ich annette Frey und Markus Scholz – sie wissen schon wofür. Für all diejenigen, die trotz dieses Buches in ihren Händen immer noch gerne einen Blick in das Original werfen, ist ein hochaulösender Scan der 1655 erschienenen Arbeit Chiflets auf der Homepage des RGZM abzurufen. Dieter Quast Mainz, im September 2015 lIteratur archäologie und Geschichtswissenschaft im dialog. Tübinger Brulet 1990: r. Brulet (Hrsg.), Les fouilles du quartier Saint-Brice à arch. Taschenbücher 9 (Münster 2011) 23-44. Tournai. L’environnement funéraire de la sépulture de childéric 1. collect. arch. Joseph Mertens 3 = Publ. Hist. art et arch. univ. Fischer / Lind 2015: S. Fischer / L. Lind, The coins in the grave of king catholique Louvain 73 (Louvain-la-neuve 1990). Childeric. Journal Arch. and Ancient Hist. 14, 2015, 2-36. 1991: r. Brulet (Hrsg.), Les fouilles du quartier Saint-Brice à Halsall 2001: G. Halsall, childeric‘s Grave, clovis‘ Succession, and Tournai. L’environnement funéraire de la sépulture de Childéric 2. the Origins of the Merovingian Kingdom. In: R. W. Mathisen / D. collect. arch. Joseph Mertens 7 = Publ. Hist. art et arch. univ. Shanzer (Hrsg.), Society and culture in Late antique Gaul. reviscatholique Louvain 79 (Louvain-la-neuve 1991). ing the Sources (Aldershot u. a. 2001) 116-133. eggert 2011: M. k. H. eggert, Über archäologische Quellen. In: S. Jungandreas 1981: RGA² 4 (1981) 440-460 s. v. Childerich von Burmeister / N. Müller-Scheeßel (Hrsg.), Fluchtpunkt Geschichte. Tournai. I. § 1. der name (W. Jungandreas). 5 eggert 2011. VIII dIeTer QuaST Der QuelleNwert Der AnAstAsis chIffletS Die bereits zwei Jahre nach der Aufindung des Childerichgrabes erschienene Publikation von J.-J. Chiflet ist von enormer Bedeutung, denn alle Funde werden mit Abbildung und auch mit kurzer Beschreibung vorgelegt 1. Eine Überprüfung der Abbildungen mit den erhaltenen Funden zeigt, wie genau die Darstellungen sind 2. Sie sind eine einzigartige, wertvolle Quelle. Dennoch sollte man nicht davon ausgehen, dass es sich dabei um einen Ausgrabungsbericht handelt, da Chiflet sein Buch mit einer bestimmten Intention geschrieben hat – und diese war eben nicht eine wertfreie, möglichst objektive Beschreibung des Befundes und der Funde. Chiflet instrumentalisiert das Childerichgrab vielmehr, um in seinerzeit aktuellen politischen Diskussionen Partei zu ergreifen 3. Chiflet bezieht klar Stellung in der Frage, ob die Habsburger oder die französischen Könige die Nachfolger Karls des Großen seien, und zwar – kaum verwunderlich – zugunsten der Habsburger, ist doch Erzherzog Leopold Wilhelm als Mäzen des Buches genannt. Fritz Wagner hat das in seinem Beitrag sehr deutlich herausgearbeitet. Drei unterschiedliche Punkte müssen beachtet werden, wenn man den Wert der Anastasis als Quelle analysiert: 1. Chiflet war nicht bei der Entdeckung und der tumultuarischen Ausgrabung zugegen. Alle seine Informationen stammen aus zweiter und dritter Hand. So hat sein Sohn Johann mit dem Dekan Patte gesprochen und diese Inhalte an Chiflet weitergegeben. Ob und gegebenenfalls wann die Gespräche verschriftlicht wurden, ist unbekannt, ebenso wann und wie sie an Chiflet weitergegeben wurden 4. Völlig unklar ist natürlich, wie suggestiv nachgefragt wurde. 2. Chiflet hatte keinesfalls vor, eine objektive Beschreibung zu liefern. Seine Arbeit folgte einem politischen Ziel. Die Beschreibung der einzelnen Funde und die zugehörigen Abbildungen sind nachprüfbar von hoher Qualität, aber in einigen Fällen wäre zu überdenken, ob nicht die Anzahl etwa der Bienen zu hoch angegeben wurde. Gerade diese Beschläge spielen die herausragende Rolle in Chiflets Argumentation: Chiflets Interpretation zufolge war das gesamte Pferdegeschirr mit diesen merowingischen Wappentieren verziert, und die von ihm genannte Zahl von über 300 Bienen 5 entsprach vermutlich seinen Kenntnissen heraldisch verzierten Zaum- und Sattelzeugs. Vielleicht kannte er sogar eine Darstellung Ludwigs XII. (1498-1515) bei seinem Sieg über Genua 1507. Waffenrock und Schabracke des Königs – beide weiß – waren mit zahlreichen goldenen Bienen und einigen Bienenkörben bestickt 6 (abb. 1). Zumindest erwähnt Chiflet, dass Ludwig XII. die Bienen als Symbol verwendet hat, und weist in diesem Kontext auch auf den Sieg über Genua hin 7. Konkret genannt werden 27 Exemplare, die dem Stadtrat übergeben worden waren, und »einige«, die Chiflets Sohn aus Privatbesitz der Bewohner Tournais zurückgewinnen konnte 8. Chiflet 1655. – Die Tafeln der Publikation von Chiflet wurden erst 1980 für die Ausstellung »Gallien in der Spätantike« im RGZM (Kat. Mainz 1980, 242 f.) koloriert veröffentlicht, um einen Eindruck von der Farbigkeit der Funde zu vermitteln. 2 Deutliche Abweichungen liegen bei der Darstellung des Siegelbildes vor, wie ein Vergleich der Originalabdrücke mit der Abbildung bei Chiflet zeigt. Warum die Abbildung bei Chiflet abweicht, ist nicht mehr zu klären. Kleinere Abweichungen sind auch bei den kleinen Bienen festzustellen. 1 3 4 5 6 7 8 Vgl. zur barocken Geschichtsschreibung z. B. Coreth 1950, 9-27. 35 f. – Kraus 1968. Vgl. allg. zum »Schleier der Erinnerung« Fried 2004. Chiflet 1655, 38 »apes multae … supra trecentas«. Tavoillot / Tavoillot 2015, 139 Taf. 14. Chiflet 1655, 328. Ebenda 39 (»apes aureas septem & viginti«). 48 (»apes aliquot aureas«). das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 71 Vermutlich haben genau diese Angaben Joachim Werner zu der Vermutung veranlasst, dass ursprünglich wohl »nur« ca. 30 dieser kleinen insektenförmigen Beschläge vorhanden gewesen waren 9. Zu beweisen ist das nicht, aber meiner Meinung nach sind die Zweifel an der enormen Anzahl der Bienen durchaus berechtigt. 3. Chiflet demonstriert in seiner Publikation vor allem seine enorme Kenntnis antiker Quellen, aus denen er Beispiele für alle Themen beisteuert. In einigen Fällen dienen sie der Interpretation der geborgenen Objekte, auch wenn die Funktion eines Fundes durchaus kenntlich war, wie beispielsweise bei der Franziska oder den Schnallen. Man darf nicht vergessen, dass Chiflet keinerlei Vergleichsmaterial zur Verfügung stand. Seiner Rekonstruktion der Zwiebelknopfibel als Schreibgriffel (»Graphiarium«) folgt konsequent die Suche nach Resten der Schreibtafel im Fundmaterial, denn beides bildete ein Set, wie er aus den Quellen wusste 10. Das »Elfenbein der Schreibtafel König Childerichs sei durch die Widrigkeiten so vieler Jahrhunderte verrottet«, doch glaubte er in den Riemendurchzügen der Spathascheide Randbeschläge der Tafel zu erkennen 11. Wie wir heute wissen, ist die von Chiflet vorgestellte Rekonstruktion falsch, denn mittlerweile gibt es Vergleichsfunde, die eine korrekte Ansprache ermöglichen. Dennoch zeigt sich an diesem Beispiel das Vorgehen Chiflets. Sollten vor diesem Hintergrund nicht auch weitere Interpretationen Chiflets nicht unbedingt als Fakten gewertet werden, auch wenn sie uns heute möglich erscheinen? Könnte die Deutung des goldenen Stierkopfes als Stirnschmuck eines »Kriegspferdes« nicht von der Beschreibung des Pferdes Alexanders des Großen, Bucephalos, inspiriert sein? Es sei nochmals an die komplexe Befundlage in Tournai erinnert. Von der Aufindung des Pferdekopfes und der darauf noch haftenden Stierkopfapplike berichtet der Dekan Patte ja anscheinend erst bei späterer Befragung. Vielleicht ist der Lage des Childerichgrabes nahe der mittelalterlichen Kirche samt Außenfriedhof auch das Vorkommen des Fragmentes eines zweiten Schädels geschuldet, das Chiflet dem mitbegrabenen Reitknecht zuordnet 12 – wiederum nach ausführlicher Zusammenstellung antiker Schriftquellen. Später wurde der Schädel als Hinweis auf eine mitbestattete Frau, vermutlich Basina, gesehen 13. Die angedeuteten Zweifel an der Zuverlässigkeit der oftmals interpretierenden Aussagen Chiflets können eben diese Aussagen kaum widerlegen, doch sollte man bei der Benutzung der Publikation stets vor Augen haben, dass es sich dabei eben nicht um eine objektive Grabungsdokumentation handelt. Werner 1971, 45 (mind. 30, keinesfalls 300); 1983 (»etwa 30«); 1992, 149 (»mindestens 30«). – Vgl. Quast 2003, 597 f. – Böhner 1981, 441 f. 10 Chiflet 1655, 181-194 mit Abb. auf S. 182. 9 72 Ebenda 193-195 mit Abb. auf S. 194. Ebenda 230. 13 Böhner 1981, 442. 458. 11 12 D. Quast · der Quellenwert der Anastasis Chiflets abb. 1 Jean Marot, La Magnanime Victoire du Roy très chrestien Louis XII contre Gênes, Manuskript von 1508. Der weiße Waffenrock und die Schabracke sind mit goldenen Bienen und Bienenkörben bestickt. – (Nach Tavoillot / Tavoillot 2015, Taf. 14). lIteratur Böhner 1981: RGA² 4 (1981) 441-460 s. v. Childerich von Tournai. III. Archäologisches (K. Böhner). Kraus 1968: A. Kraus, Grundzüge barocker Geschichtsschreibung. Hist. Jahrb. 88, 1968, 54-77. Chiflet 1655: Anastasis Childerici I. Francorum regis, sive thesaurus sepulchralis Tornaci Nerviorum effossus, & commentario illustratus. Auctore Ioanne Iacobo Chiletio, equite, regio archiatrorum comite, & archiducali medico primario (Antverpiae 1655). Quast 2003: D. Quast, Childerichs Schwertgurt – Ein neuer Rekonstruktionsvorschlag. Arch. Korrbl. 33, 2003, 597-614. Coreth 1950: A. Coreth, Österreichische Geschichtsschreibung in der Barockzeit (1620-1740). Veröff. Komm. Neuere Gesch. Österreich 37 (Wien 1950). Fried 2004: J. Fried, Der Schleier der Erinnerung. Grundzüge einer historischen Memorik (München 2004). Kat. Mainz 1980: Gallien in der Spätantike. Von Kaiser Constantin zu Frankenkönig Childerich [Ausstellungskat.] (Mainz 1980). Tavoillot / Tavoillot 2015: P.-H. Tavoillot / F. Tavoillot, L’Abeille (et le) Philosophe. Étonnant voyage dans la ruche des sages (Paris 2015). Werner 1971: J. Werner, Neue Analyse des Childerichgrabes von Tournai. Rhein. Vierteljahrsbl. 35, 1971, 43-46. 1983: LexMA 2 (1983) 1820 s. v. Childerichgrab (J. Werner). 1992: J. Werner, Childerichs Pferde. In: H. Beck / D. Ellmers / K. Schier (Hrsg.), Germanische Religionsgeschichte. Quellen und Quellenprobleme. RGA Ergbd. 5 (Berlin, New York 1992) 145161. das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 73 dIeTer QuaST lage uND eNtDeckuNg DeS chIlDerIchgraBeS Die Entdeckung des Childerichgrabes wurde von Chiflet im zweiten Kapitel der Anastasis beschrieben. Am 27. Mai 1653 stieß man »in der dritten Stunde des Nachmittags« beim Bau des neuen Armenhauses wenig nördlich der Kirche auf der »Terrasse Saint-Brice« auf das Grab des Königs. Die Fundstelle lag am rechten Scheldeufer, ca. 200 m vom spätantiken Kastell Tornacum entfernt, nahe einer römischen Fernstraße 1. eine Tafel mit der Jahreszahl 1653 in der Fassade der Häuser 7 und 8 wies lange Zeit auf die Fundstelle hin. Sie wurde anlässlich des Congrès archéologique in Tournai 1895 ersetzt durch eine Inschrift, die sich über dem Eingang des Hauses 7 beindet: »CHILDERICH ROI DES FRANCS MORTUIT EN SON PALAIS DE TOURNAI L’AN 481 SON TOMBEAU FUT RETROUVE EN CET ENDROIT EN L’ANNEE 1653«. Raymond Brulet ist in seinem Beitrag ausführlich auf die Lage und die Topographie Tournais im 5. Jahrhundert eingegangen; eine Wiederholung an dieser Stelle ist unnötig. Das Grab wurde von dem gehörlosen Steinmetz Adrien Quinquin entdeckt, der zunächst auf eine goldene Schnalle und »ein rundes Nest aus mürbem Leder« mit mehr als hundert goldenen Münzen stieß 2. Nachdem er die Nachbarschaft auf seinen Fund aufmerksam gemacht hatte, müssen mehrere Menschen dorthin gekommen sein und auch Funde an sich genommen haben. Chiflet schreibt, dass der Dekan von St. Brice, Gilles Patte, und zwei Küster, Johannes von Berlo und Nicasius Rogers, zur Fundstelle kamen und sich bemühten, alles was zum »Schatz« gehörte für ihre Kirche und für das Armenhaus sicherzustellen 3. an anderer Stelle erwähnt er, dass er seinen Sohn Johann beauftragt habe, mit »Bitten und Bezahlung« in den Besitz der Objekte zu kommen, die andere – »sogar Dienstmägde« – »heimlich aufbewahrten« 4. Doch bleiben wir in der zeitlichen Reihenfolge. Zunächst einmal waren es Patte und seine beiden Küster, die sich um die Sicherstellung der Funde bemühten. Als sich die Nachricht von der Aufindung des Grabes verbreitete, forderte der Stadtrat die Funde ein, doch die Geistlichen überbrachten nur einen Teil der Funde (u. a. den Siegelring), den größten Teil behielten sie zurück 5. Mehrere kirchliche Würdenträger, darunter der Dekan und der Schatzmeister der Kathedrale, aber auch der Sohn von Chiflet, der Kaplan der Hofkapelle des Erzherzogs in Tournai war, nahmen Lehmabdrücke des Siegels. Johann schickte einen dieser Abdrücke an seinen Vater, nach Brüssel, der ihn dem Erzherzog zeigte 6. Dieser berichtete Leopold Wilhelm von dem Fund, der in einem Brief an den Stadtrat um die Herausgabe der Funde bat, die diesem vom Dekan von St. Brixius, Gilles Patte, überbracht worden waren. Der Senator Ioannes Bargibautius kehrte »beschenkt mit einer goldenen Kette, einer geweihten Fürstenmünze und einem Brief« nach Tournai zurück, in dem dem Stadtrat für die wertvollen Schätze gedankt wurde 7. Am 10. November 1653 kam Leopold Wilhelm nach Tournai und beauftragte Johann Chiflet damit, Kontakt mit dem Dekan und den Küstern von St. Brixius aufzunehmen und eine Audienz beim Erzherzog zu R. Brulet, Tournai au Bas-Empire Romain et au Haute Moyen Âge. In: R. Brulet, Les Fouilles du Quartier Saint-Brice à Tournai. L’environnement funéraire de la sépulture de Childéric 1. Collect. Arch. Joseph Mertens 3. Publ. Hist. Art et Arch. Univ. Catholique Louvain 73 (Louvain-la-Neuve 1990) 11-14 Abb. 6. 2 Anastasis Childerici I. Francorum regis, sive thesaurus sepulchralis Tornaci Nerviorum effosus, & commentario illustratus. Auc- 1 3 4 5 6 7 tore Ioanne Iacobo Chiletio, equite, regio archiatrorum comite, & archiducali medico primario (Antverpiae 1655) 37 f. Chiflet 1655 (Anm. 2) 38. Chiflet 1655 (Anm. 2) 42. 48. Chiflet 1655 (Anm. 2) 39. Chiflet 1655 (Anm. 2) 39 f. Chiflet 1655 (Anm. 2) 40. das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 97 versprechen. Diese fand bereits am Abend desselben Tages statt und Johann trug das Gesuch vor: Sie baten um eine inanzielle Unterstützung für den Neubau des Armenhauses. Zusätzlich dazu befahl Leopold Wilhelm, dass dem Finder Adrien Quinquin sechs Golddublonen zu übergeben seien 8. Als der Erzherzog nach Brüssel zurückkehrte hatte er alle drei Teile in seinen Besitz genommen: den des Stadtrates, den der Kirche und denjenigen, der aus den von Johann Chiflet erworbenen Objekten bestand. In Brüssel angekommen übergab er die Funde sofort seinem Leibarzt Johann Jacob Chiflet zur Publikation 9. Wenngleich im 19. Jahrhundert vereinzelte Nachuntersuchungen im Bereich um die Fundstelle stattfanden, so haben erst die großlächigen Ausgrabungen in den 1980er Jahren durch Raymond Brulet einen Erkenntnisgewinn erbracht, der es erlaubt, das Königsgrab in seinen Kontext einzubetten 10. Chiflet 1655 (Anm. 2) 43 f. 47. Chiflet 1655 (Anm. 2) 48. 10 R. Brulet, Les Fouilles du Quartier Saint-Brice à Tournai. L’environnement funéraire de la sépulture de Childéric 1. Collect. Arch. Joseph Mertens 3. Publ. Hist. Art et Arch. Univ. Catholique Louvain 73 (Louvain-la-Neuve 1990). – R. Brulet, Les 8 9 98 Fouilles du Quartier Saint-Brice à Tournai. L’environnement funéraire de la sépulture de Childéric 2. Collect. Arch. Joseph Mertens 7. Publ. Hist. Art et Arch. Univ. Catholique Louvain 79 (Louvain-la-Neuve 1991). – Vgl. den Beitrag Brulet in diesem Band. D. Quast · Lage und entdeckung des childerichgrabes dIeTer QuaST Der graBBau Genaue angaben zum Grabbau liegen nicht vor, obwohl in den letzten Jahrzehnten unterschiedliche rekonstruktionszeichnungen publiziert wurden. drei Fragen sind immer wieder von Bedeutung: • Gab es einen Grabeinbau (Kammer)? • War das Grab oberirdisch gekennzeichnet (Hügel)? • Wer außer Childerich war noch bestattet (Frau, Pferd)? Weitere Fragen nach dem Bestattungsritus und den Besonderheiten des Bestattungsplatzes 1 können hingegen als geklärt gelten. es handelt sich eindeutig um ein Körpergrab; Chiflet nennt die Skelettreste eines »fünfeinhalb Fuß«, d. h. 1,78 m großen Mannes 2. Skelettreste sind nicht erhalten, lediglich ein Zahn (abb. 1) wird gelegentlich angeführt, allerdings nicht bei Chiflet 3. die orientierung des Grabes ist nicht angegeben. Bevor versucht wird, die drei genannten Fragen zu beantworten, gilt es sich vorab zwei Determinanten zu vergegenwärtigen. Zum einen hat Chiflet seinen Bericht als interpretierende Beschreibung verfasst; seine breit dargelegten Kenntnisse antiker Quellen dienen ihm oft dazu, die archäologischen reste entsprechend zu deuten 4. Zum anderen wurde bei den Grabungen der 1980er Jahre offenkundig, wie schwierig die Befunde im Einzelnen anzusprechen sind, liegt doch in Tournai eine nutzung von der römischen Zeit bis in die Neuzeit vor. Das Childerichgrab kam zudem im Bereich des Kirchhofes von Saint-Brice zutage 5. Es ist kaum zu erwarten, dass bei der zufälligen, tumultuarischen Entdeckung im Jahr 1653 »nur« das Grab des fränkischen Königs geöffnet wurde, ohne dass andere, benachbarte Befunde in Mitleidenschaft gezogen wurden. Allerdings haben die Ausgrabungen der 1980er Jahre ein paar scheinbare Gewissheiten erbracht, nämlich dass das Grab überhügelt gewesen sein soll. einen Tumulus hatte bereits ernest Babelon vermutet, und alain erlande-Brandenburg schloss sich dieser Annahme an, doch fehlt ein stichhaltiger Nachweis 6. Es war wohl eher die Vermutung, ein heidnischer König müsse unter abb. 1 Zahn aus dem Grab einem Hügel bestattet worden sein. Die modernen Grabungen haben nun Childerichs (mit moderner Monaufgezeigt, dass das Grab Childerichs innerhalb eines merowingerzeitlichen tierung auf Golddraht). – (Nach Peigné-Delacourt 1860, Taf. 4, Reihengräberfeldes angelegt worden war, also keinesfalls eine separierte Ein- 34). 1 2 Vgl. Beitrag Quast, entdeckung in diesem Band. Chiflet 1655, 85. – Das Längenmaß »Fuß« variierte in unterschiedlichen Regionen, liegt aber zumeist zwischen 28 und 32 cm. Böhner 1981, 442 legte seinen Umrechnungen den »Pariser Königsfuß« von 32,48 cm zugrunde. Die Umrechnungen Böhners wurden von anderen Autoren übernommen und ich folge ihm hier auch, um keine unnötigen Verwirrungen zu stiften. Vgl. zu weiteren Fuß-Größen auch Trapp 1998, 231 f. Dumersan 1840, 30 Nr. A9. – Cochet 1859, 49. – Peigné-Delacourt 1860, 8 Nr. 9 Taf. 4, 34. 4 Vgl. Beitrag Gietzen, Übersetzung in diesem Band. 5 Brulet / Coulon 1990, 25 f. 6 Babelon 1919-1923, 45. – Erlande-Brandenburg 1975, 175. 3 das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 157 abb. 2 Tournai. Pferdegräber CV 1 (1) und CV 3 (2) mit den sie überlagernden Männergräbern 39 und 54. – (Nach Ghenne-Dubois 1991, 26 Abb. 10; 30 Abb. 16). zelbestattung war, wie man bis dahin stets geglaubt hatte 7. doch trotz der engen Belegung war um das Grab des Königs herum eine freie Fläche ohne Bestattungen angetroffen worden. Diese Fläche, so die derzeitige Forschungsmeinung, entspreche dem Grabhügel über dem Grab Childerichs. Zwar nicht unmittelbar am Hügelfuß 8, aber in geringer Entfernung davon, fanden sich drei Gruben mit insgesamt 21 Pferden: Grab CV 3 (2,2 m × 2,7 m) mit zehn Pferden, Grab CV 1 (2,6 m × 3,0 m) mit sieben Pferden und Grab CV 2 mit Skelettresten von mindestens vier Tieren 9. 14C-Datierungen deuten auf einen Zusammenhang mit dem Königsgrab hin 10. Zudem wurden zwei der Pferdegräber in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts durch Männerbestattungen überlagert (CV 1 durch Grab 39; CV 3 durch Grab 54) (abb. 2) 11. Beide Männergräber sind durch Schilddornschnallen datiert 12. Joachim Werner hat die Pferde als Opfer im Rahmen der Bestattungsfeierlichkeiten gedeutet, die das Heidentum Childerichs belegen 13. Eine Rekonstruktion des Childerichgrabes mit hölzerner Grabkammer, darauf liegendem Pferd – und das Ganze überhügelt – indet sich im Katalog der großen Frankenausstellung in Mannheim; dort war auch ein lebensgroßes Modell zu sehen 14. Zwei der eingangs formulierten Fragen wären damit beantwortet. Doch halten diese Ergebnisse einer kritischen Überprüfung stand? Ein Grabhügel als oberirdische Kennzeichnung wäre durchaus denkbar. Michael Müller-Wille hat die Großgrabhügel der Völkerwanderungszeit zusammengestellt, die weit gestreut auftreten. Das Childerichgrab ist aber der einzige Nachweis des 5. Jahrhunderts aus dem (ehemaligen) weströmischen Reichsgebiet. Alle wei- Werner 1935, 123. – Ament 1970, 62. – Böhme 1994, 72 Anm. 20. – Unentschieden noch Werner 1992, 150 f. 8 Zwischen den Pferdegräbern und dem Childerichgrab lagen mehrere merowingerzeitliche Körpergräber. Brulet / Coulon 1990, 29 Abb. 25. 9 Ghenne-dubois 1991. 7 158 D. Quast · der Grabbau Gilot 1991. – Werner 1992, 154. Ghenne-dubois 1991. 12 Brulet / Vilvorder 1990, 174 Taf. 18; 178 Taf. 22. 13 Werner 1992, 156. 161. 14 Kat. Mannheim 1997, 879-881 Nr. V.1.1a. – Vgl. Beitrag Ament in diesem Band, abb. 15. 10 11 teren Belege dieser Zeit liegen tief im Barbaricum 15. Erst im 6. Jahrhundert treten Überhügelungen im Merowingerreich auf, allerdings auch dort zumeist nur indirekt durch Kreisgräben zu erschließen 16. ein Grabhügel über dem Grab des fränkischen Königs wäre zwar denkbar, durch die untersuchungen der 1980er Jahre aber dennoch nicht zu beweisen. Betrachtet man nämlich den Plan der Ausgrabungen, so zeigt sich, dass das Childerichgrab (dessen Lage auch nicht ganz genau einzumessen ist) und die umliegenden Flächen sich jenseits der Grabungsgrenzen beinden (abb. 3) 17. Mit denselben Unsicherheiten ist die rekonstruierte Holzgrabkammer behaftet. Chiflet gibt für die Tiefe des Grabes »sieben oder mehr Fuß« an, d. h. mehr als 2,27 m; die Funde waren im Umkreis »von etwa fünf Fuß« (1,62 m) verteilt gewesen 18. Geht man davon aus, dass die fünf Fuß die Breite der Grube angeben, so könnte man dies durchaus als Hinweis auf eine Kammer werten; es könnte aber ebenso gut die Länge gemeint sein. Nun wird man eine über 2 m tiefe Grabgrube nicht einfach in Sargbreite von ca. 80-100 cm in die Tiefe treiben können, doch bedeutet ein breiterer Schacht nicht automatisch, eine Kammer sei eingebaut gewesen. Chiflet erwähnt über die Maße hinaus: »Childerich muss also ein hölzernes Grabmal besessen haben und einen Überzug abb. 3 Grabungslächen (schwarz) der Jahre 1983-1986. Die Lage des Childerichgrabes ist mit dem Dreieck markiert. Die Fläaus Eisen, dessen Überreste man so am Holz haftend chen F, G und H erbrachten aufgrund tiefgründiger, moderner Stöfand, dass man das eine von dem anderen kaum rungen keine Befunde. – (Nach Brulet / Coulon 1990, 28 Abb. 24). trennen konnte« 19. ob sich hinter dieser Beobachtung ein eisenbeschlagener Holzsarg verbirgt, wie etwa aus dem über 100 Jahre jüngeren Grab aus Civezzano (prov. Trento / I) bekannt, muss dennoch unklar bleiben 20. Denkbar wäre auch, dass Chiflet einfach die Reste des eventuell auf dem Sarg liegenden Schildes mit Buckel und Fessel nicht als solche erkannt hat. Aus der knappen Beschreibung lassen sich also keine sicheren Rückschlüsse auf den Grabbau gewinnen. Ein Sarg ist wahrscheinlich, eine Kammer nur möglich. Mit einiger Sicherheit wird man ausschließen können, dass Childerich in einem Sarkophag bestattet war, denn ein solcher wäre sicherlich bemerkt und erwähnt worden. Ein Vergleich mit anderen Prunkgräbern des 5. Jahrhunderts kann zeigen, welche Formen von Grabbauten überhaupt üblich waren. Dabei erscheint es sinnvoll, nicht nur chronologisch zwischen der ersten und zweiten Jahrhunderthälfte zu trennen, sondern auch räumlich zwischen den Gebieten des (ehemaligen) Müller-Wille 1992; 1997. Ament 1974. – Haas-Gebhard 1998, 101. – Böhme 1993, 523 f. Abb. 101. 17 Brulet / Coulon 1990, 28 Abb. 24. – In diesem Sinne bereits Werner 1992, 150. Darauf wies auch schon Haas-Gebhard 1998, 99 Anm. 641 hin. Chiflet 1655, 38. – Zur Maßangabe »Fuß« vgl. Anm. 2. Chiflet 1655, 49. 20 Terzer 2001, 198-215. 15 18 16 19 das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 159 Weströmischen Reiches und jenen östlich des Rheins und nördlich der Donau. Jenseits des Limes sind Kammergräber für die gesamte römische Kaiserzeit nachzuweisen 21. Sie sind ein charakteristisches Merkmal der Prunkgräber. In einem Teil der Kammer waren zumeist umfangreiche Gefäßsätze deponiert. Allem Anschein nach wurden Kammergräber im Barbaricum im 5. Jahrhundert seltener. Die jüngsten Männergräber datieren in die erste Hälfte des 5. Jahrhunderts, z. B. die Befunde aus Kemathen (Lkr. Eichstätt), Frankfurt-Praunheim »Ebel« Kriegergrab von 1926 und Zwochau (Lkr. Nordsachsen) 22. etwas länger werden Frauen in Holzkammern beigesetzt, die mit einer Breite von 1,2 m aber kaum an die älteren Kammern anschließen. Einige Belege aus dem dritten Viertel des 5. Jahrhunderts sind aus dem unteren Maingebiet bekannt 23. Insgesamt sind die Prunkgräber der zweiten Jahrhunderthälfte aber eher als relativ schmale Grabgruben angelegt. Zwar sind die Befunde beispielsweise für die Goldgriffspathengräber nicht immer ausreichend dokumentiert, doch sind Kammern in keinem Fall nachzuweisen 24. Zu diskutieren wäre hingegen die Zeitstellung des Großgrabhügels Žuráň (okr. Brno-venkov / CZ), der zumeist in die Zeit um 500 datiert wird, aber meiner Meinung nach aufgrund der Gläser eher der Zeit um 400 zuzuweisen ist 25. Zu den Gräbern aus Apahida (jud. Cluj / RO), die aufgrund ihrer Ausstattung die besten Vergleiche zum Childerichgrab darstellen, gibt es nur ungenügende Befundbeobachtungen, doch deutet sich zumindest für Grab II eine schmale Grabgrube an 26. Eine Ausnahme bildet das Doppelgrab aus Teterow (Lkr. Güstrow) 27. Die kurze Zusammenschau verdeutlicht, dass Grabkammern im Barbaricum nur bis in die erste Hälfte des 5. Jahrhunderts hinein üblich waren und ab der Jahrhundertmitte fehlen. Erst im 6. Jahrhundert treten sie wieder auf 28. Westlich des Rheins sind Kammergräber des 4. Jahrhunderts in einiger Zahl aus Krefeld-Gellep überliefert 29. Christoph Reichmann konnte aufzeigen, dass in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts »voll ausgebildete« Kammern zugunsten »sargloser« Kammern zurückgingen. In Gellep waren die Spuren von Kammern und Särgen in den Böden gut zu dokumentieren, ebenso in Tongeren (prov. Limburg / B) 30. Von anderen Fundstellen sind sehr breite Grabgruben bekannt, ohne dass aufgrund der Erhaltung irgendwelche Einbauten nachgewiesen werden konnten 31. Große Holzkammergräber waren also nicht unbekannt in der Belgica und in der Germania inferior. Im 5. Jahrhundert ist das Phänomen Kammergrab aber deutlich rückläuig. Zu den wenigen bekannten Befunden zählt das Kriegergrab aus Vermand (dép. Aisne / F), in dem der Tote in einem Sarkophag in einer aus Bruchsteinen gemauerten Kammer bestattet war 32. Im Gegensatz zu den anderen Befunden war in Vermand kein umfassendes Gefäßset beigegeben worden. Dasselbe gilt für die beiden Kammergräber 9 und 43 aus Krefeld-Gellep, die bereits in die Mitte bzw. die Zeit nach 450 datieren 33. In ihnen fand sich »nur« die persönliche Ausstattung der Beigesetzten, ergänzt bestenfalls durch ein Gefäß, zumeist einen Trinkbecher. Diese Beigabensitte ist geradezu »normativ« für die Gräber der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts und auch für die Goldgriffspathengräber bestimmend. 21 22 23 24 25 Im Folgenden benenne ich nur einbauten mit einer Breite von über 2 m als Kammergrab. Vgl. zu kaiser- und völkerwanderungszeitlichen Kammergräbern Bemmann / Voß 2007, 162175 Fundliste 1. – Quast 2009, 126-128 Abb. 9-10. – AbeggWigg / Lau 2014. Keller / Rieder 1991. – Steidl 2000, 233 f. Taf. 50-51. – Kraft / Balfans 1997. – Meller 2000, 67 mit Abb. des Grabinventars. Christlein / Wamser 1980, 152 f. Abb. 125. – Stein 1993, 9 anm. 19. Zuletzt Brather 2014, 580-583. – Zur »vermeintlichen« Kammer aus Pleidelsheim Grab 71 (Lkr. Ludwigsburg) vgl. Koch 2001, 105-109. Poulík 1995, 53-63; zur Datierung vgl. Tejral 2007, 956-962. – Zuletzt Tejral 2009, 132-138. 153 f. mit Datierung in das frühe 6. Jh. und der Bewertung der Gläser als antiquitäten. 160 D. Quast · der Grabbau 26 27 28 29 30 31 32 33 Horedt / Protase 1972, 175 Abb. 3-4. Schmitz-Pillmann 1997 (mit älterer Lit.). Stein 1993. Reichmann 2014. – Zu den Kammergräbern des 1.-3. Jhs. in den nordwestlichen Provinzen vgl. Abegg-Wigg 2014. Vanvinckenroye 1984, 20 f. 64 f. 81. 86 f. Taf. 14. 19-20 (Gräber 7, 99, 129, 141, 179). Vgl. z. B. Loizel 1977, 157. – Lemant 1985, 25-27 (tombe 25). – Seillier 1989, 604 (tombes 205A; 210A; 211A). – Wichtige Hinweise verdanke ich H. W. Böhme (Mainz). Pilloy 1895, 40. – Böhme 1974, 331; zuletzt 2000. Pirling 1966, Taf. 130. Zusammenfassend ist also nachzuweisen, dass Kammergräber in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts eine Ausnahmeerscheinung waren, die zudem auf wenige Frauenbestattungen beschränkt war. Vor diesem Hintergrund ist es sehr unwahrscheinlich, dass Childerich in einer breiten Holzgrabkammer beigesetzt worden war. Eher ist eine schmale Grabgrube zur Aufnahme eines Sarges zu vermuten, ähnlich wie auch in apahida Grab II. Auch die letzte eingangs gestellte Frage, nämlich wer außer Childerich noch im Grab bestattet war, wird vermutlich weiterhin konträr diskutiert werden. Das von Chiflet erwähnte Fragment eines zweiten Schädels ist vielleicht der Lage des Königsgrabes nahe der mittelalterlichen Kirche samt Außenfriedhof geschuldet. Wurde das Fragment von Chiflet noch dem mitbegrabenen Reitknecht zugewiesen, galt es später als Hinweis auf eine mitbestattete Frau, vermutlich Childerichs Frau Basina 34. Zwei objekte aus dem Grab wurden dieser postulierten Mitbestattung zugewiesen: die goldene Nadel und die Bergkristallkugel. Die Nadel hatte bereits Hermann Ament überzeugend als Teil der Militärausstattung Childerichs gedeutet 35. Für die Bergkristallkugel wurde vor wenigen Jahren eine Interpretation als oberer abschluss eines spätantiken Zepters vorgeschlagen, der ich hier nicht widersprechen kann 36. Wenn man dieser Rekonstruktion nicht folgen will, muss man sich vergegenwärtigen, dass Bergkristallkugeln in Frauengräbern erst gut eine Generation später als Amulette auftreten und in Metallbänder gefasst sind 37. Eine weitere Beobachtung ist auffällig: Für zeitgleiche Frauengräber übliche Beigaben wie Fibeln, Nadeln und Ringschmuck fehlen im Grab. Die Mitbestattung einer Frau erscheint daher kaum nachweisbar. Wie ist nun der erwähnte Pferdeschädel zu bewerten? War er der erhaltene Rest eines kompletten Pferdes, oder gelangte nur der Schädel ins Grab 38? Die oben erwähnte Rekonstruktion der Grabkammer mit darauf liegendem Pferd geht klar von einem mitbestatteten Pferd aus. Es gibt nur wenig vergleichbare Befunde aus dem thüringischen Raum und aus dem langobardenzeitlichen Niederösterreich. In Hauskirchen (polit. Bez. Gänserndorf / A) Grab 13 handelt es sich um ein gestörtes Kammergrab von 2 m × 3,2 m, in dessen Verfüllung zwischen 1,85 m und 3,1 m Tiefe sich die Reste zweier Pferdeskelette fanden. Die Sohle der Grabgrube mit der Bestattung einer Frau zwischen 25 und 30 Jahren lag auf einer Tiefe von 3,6 m. Hier fand sich auch das Pferdegeschirr 39. Vollkommen gestört durch Beraubung war das Kriegergrab 9 aus Maria Ponsee (Bezirkshauptmannschaft Tulln / A), in dessen Verfüllung sich oberhalb der menschlichen Bestattung Reste eines Pferdeskelettes fanden. Die Trense war beim Schädel des Reiters deponiert worden 40. In deersheim (Stadt Osterwieck, Lkr. Harz / D) waren die Pferde in zwei Gräbern (Grab 48 und 49) unterhalb der Bestatteten deponiert worden 41. Obwohl bereits Michael Müller-Wille vor über 40 Jahren zahlreiche Nachweise für gemeinsame Bestattungen von Mensch und Pferd(eteilen) aulisten konnte, zeigt eine chronologisch differenzierte Betrachtung, dass derartige Gräber im 5. und 6. Jahrhundert selten und nahezu auf den thüringisch-langobardischen raum begrenzt sind 42. ein vergleichbarer geographischer Bezugsrahmen ergibt sich, wenn man annimmt, dass im Grab Childerichs nur der Kopf eines Pferdes deponiert war. Ein altbekannter Befund liegt aus Stößen (Burgenlandkreis / D) Grab 9 vor, wo ein Pferdschädel neben dem Bestatteten lag 43. Hervorragend dokumentiert ist ein Befund aus Zeuzleben (Gem. Werneck, Lkr. Schweinfurt / D) Grab 5. Auf der Kammerdecke waren eine enthauptete Stute und zwei Köpfe von Hengsten deponiert worden 44. Beide genannten Gräber datieren in das beginnende 6. Jahrhundert. Während in Stößen Zaumzeug fehlte, war es in Zeuzleben beim reiter niedergelegt 45. 34 35 36 37 38 39 Chiflet 1655, 230. – Böhner 1981, 442. 458. Ament 1970, 95. Quast 2010. Hinz 1966. – Heege 1987, 34 f. mit Anm. 94. Vgl. hierzu bereits Lindenschmit 1860, 37. Kat. Bonn 2008, 270-274. – Lauermann / Adler 2008, 302-305. – Zum Pferdegeschirr vgl. auch Nowotny 2008. 40 41 42 43 44 45 Kat. Bonn 2008, 275 f. Schneider 1983, 109 f. 117 f. 289 f. Müller-Wille 1970/1971, 128 (Nachweise aus dem 7./8. Jh.). 140-146. – Rettner 1998, 116. Schmidt 1970, 22. Rettner 1998, 116. Rettner 1998, 119 Abb. 5. das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 161 Es fehlt also nicht an Vergleichen für die Deponierung eines Pferdes oder eines Pferdeschädels auf dem Grab Childerichs. Bei keinem der genannten Befunde war das Tier aber aufgezäumt, wie es für das Grab in Tournai teilweise rekonstruiert wird. Dennoch: Ein Pferd oder nur dessen Schädel wäre im Rahmen des Möglichen, ein Zweifel bleibt aber aufgrund der Überlieferung ebenfalls bestehen 46. Für die Bestattungszeremonie ist das jedoch von untergeordneter Bedeutung, denn dass dabei ein blutiges Ritual durch die Tötung von mindestens 21 Pferden vollzogen wurde, haben die Ausgrabungen der 1980er Jahre bewiesen. Von Bedeutung ist aber, dass Childerich sehr wahrscheinlich nicht in einer großen Grabkammer beigesetzt wurde. Da sicherlich eine große Personenzahl an den Feierlichkeiten teilnahm, ist damit zu rechnen, dass Childerich außerhalb des Grabes aufgebahrt war, damit möglichst viele Menschen ihn in seinem »Ornat« sehen konnten. Die eigentliche Grablegung bildete vermutlich den krönenden Abschluss der von Chlodwig inszenierten Bestattung. Dazu passt, dass Childerich eben »nur« mit seiner persönlichen Ausstattung und einigen Insignien im Sarg lag. Weitere wichtige Funktionsbereiche, die sich in älteren Kammergräbern inden – nämlich umfangreiche Gefäßensembles, die entweder große Mengen an Speisebeigaben enthielten oder den Bestatteten als Ausrichter von Banketten charakterisieren –, spielten für den Toten, den Bestattenden und das Publikum keine Rolle. Childerich wurde durch seine Kleidung und militärische Ausrüstung für jedermann klar in seiner gesellschaftlichen Stellung gekennzeichnet. Die wichtigsten Teile der Zeremonie fanden gewiss nicht am offenen Grab statt. lIteratur Abegg-Wigg 2014: A. Abegg-Wigg, Holzkammergräber in den westlichen Provinzen des Römischen Reiches. In: Abegg-Wigg / Lau 2014, 421-436. Böhme 1974: H. W. Böhme, Germanische Grabfunde des 4. bis 5. Jahrhunderts zwischen unterer Elbe und Loire. Münchner Beitr. Vor- u. Frühgesch. 19 (München 1974). Abegg-Wigg / Lau 2014: A. Abegg-Wigg / N. Lau (Hrsg.), Kammergräber im Barbaricum. 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Hermann ament hat der Forschungsgeschichte eine ausführliche abhandlung in diesem Band gewidmet und die bisherigen untersuchungen kritisch zusammengestellt. In ermangelung sorgfältiger Beobachtungen und dokumentation des Befundes »ist die archäologische Wissenschaft aufgefordert, den Weg des erkenntnisfortschrittes durch Vergleichen mit ebensolchen oder zumindest ähnlichen Funden, also gewissermaßen gestützt auf die krücken der analogie, weiter zu beschreiten«, wie ament formuliert 1. Geben sich einige Funde – etwa die Schnallen, die Lanzenspitze oder die axt – auch dem Laien zu erkennen, so erfordern andere objekte schon eine genauere kenntnis spätantiker / völkerwanderungszeitlicher / frühmerowingischer kleinfunde. Hilfreich ist dabei, dass mit Waffen ausgestattete Gräber seit der Mitte des 5. Jahrhunderts über eine gewisse Standardisierung verfügen. obligat waren Spatha mit zugehörigem Gurt, Lanze, Schild, axt, Gürtel, in einigen regionen auch ein schmaler Langsax. Zaumzeug wurde im 5. Jahrhundert nur gelegentlich beigegeben. diese kenntnis erlaubte es Ludwig Lindenschmit aus den cloisonnierten Scheidenbeschlägen Spatha und Sax zu rekonstruieren 2. und, um nur ein weiteres Beispiel anzuführen, die deutung des lange Zeit als Hufeisen interpretierten eisenfragmentes als Teil des Schild(buckel)s beruht zweifellos auf dem Wissen, dass ein Schild sicherlich zu der Grabausstattung gehörte, bis dahin aber nicht erkannt worden war 3. andere Funde sind noch immer Gegenstand konträrer diskussionen. dabei handelt es sich um eine Gruppe von Beschlägen, die wahlweise dem Zaumzeug oder dem Schwertgurt zugewiesen werden (nr. 11), des Weiteren um die Funde, die als Belege für eine mitbestattete Frau in anspruch genommen werden (nr. 20 und 24). die Beigaben wurden von kurt Böhner 1981 in verschiedene Gruppen gegliedert, zum einen die cloisonnéarbeiten nach stilistischen kriterien, insgesamt aber nach der Funktion der einzelnen objekte (Waffen, Gewand und Schmuck, Münzen, Pferdegeschirr, Funde aus einem Frauengrab). eine etwas abweichende Aufteilung indet sich im Katalog der 2001 in Mannheim gezeigten Ausstellung »Das Gold der Barbarenfürsten« (Insignien / Standessymbole, Waffen, Trachtaccessoires, reitzubehör und Pferdegeschirr, Gefäße, Geräte / Toilettengeräte, Münzen). Problematisch ist dabei, dass eine Interpretation zugrunde liegt, die von einer eindeutigen ansprache der Funde ausgeht. Besonders der Terminus Insignie / Standessymbol bereitet Schwierigkeiten. Die goldene Zwiebelknopfibel kann für unterschiedliche Betrachter ganz unterschiedliche Bedeutungen transportieren, etwa die soziale oder militärische Stellung, die Herkunft, die Gruppenzugehörigkeit. Ganz klar kennzeichnete sie mit dem zugehörigen paludamentum den Träger für seine Gefolgschaft auch als »chef«, aber ist die Fibel deshalb eine Insignie oder Teil der kleidung, die ja wiederum genauso kenntlich machte, welche Position childerich einnahm. die gleiche Polysemie kann anderen Funden aus dem Grab innewohnen, ohne dass sie für den heutigen Betrachter deutlich sind (verzierte Waffen, Stierkopfanhänger). Lediglich zwei objekte wird man zweifellos einzig als Herrschaftszeichen ansprechen können, nämlich den Siegelring und das Zepter. 1 2 Vgl. Beitrag ament in diesem Band. Lindenschmit 1880-1889, 236 f. abb. 166. 3 Chiflet 1655, 224 f. – Cochet 1859, 149-151. – Böhner 1981, 458. – Als Schildbuckel identiiziert von Andreas Schäfer: vgl. Böhme 1994, 70 anm. 11. – koch / von Welck / Wieczorek 1997, 883. das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 165 Im Folgenden werden die Funde aus dem Grab childerichs in einer etwas anderen Gruppierung vorgelegt (A. Ringschmuck. – B. Kleidungszubehör. – C. Bewaffnung. – D. Insignien. – E. Teile des Königsschatzes. – F. Sonstiges und funktional nicht eindeutig zuweisbare Funde). Der Zweck des kurzen Kataloges liegt nicht darin, jedem einzelnen Fund eine detaillierte antiquarische analyse zukommen zu lassen, sondern darin, ihn kurz zu charakterisieren. Zu einigen objekten gibt es relativ neue arbeiten, sodass die einträge sehr knapp ausfallen können; bei anderen hingegen erschien es nötig, etwas weiter auszugreifen, doch auch in diesen Fällen wurde auf kürze geachtet. unmöglich (und unnötig) war es, für jeden Fund die bisherigen erwähnungen und abbildungen in der Literatur aufzulisten. die wichtigsten bis 1981 erschienenen Veröffentlichungen sind bei Böhner 1981 zitiert. daher sind im folgenden katalog nur jüngere arbeiten und jene Publikationen angeführt, die einen vollständigen Fundkatalog des childerichgrabes enthalten 4 oder nach 1981 Einzelaspekte behandeln. Ausstellungskataloge mit mehr oder weniger summarischer Aulistung der Beigaben sind nicht angegeben 5. die in den kurzkommentaren angeführten ergebnisse werden in den folgenden kapiteln dann weiteren auswertungen zugrunde gelegt. das rGZM besitzt mehrere kopien der erhaltenen Funde, von denen die ersten bereits 1861 von Ludwig Lindenschmit angefertigt wurden 6. diese kopien und ein restaurierungsbericht aus dem rGZM von e. Foltz und H. Staude, die in der Vorbereitungsphase der Sonderausstellung »Gallien in der Spätantike« die erhaltenen Teile von Sax und Spatha untersuchen konnten, waren bei der erstellung des folgenden kataloges hilfreich. Im rahmen dieser ausstellung reproduzierte und kolorierte das rGZM die Fundtafeln von 1655 (Taf. 16-19). 1996-2000 wurden anhand der Abbildungen aus der Publikation von Chiflet Nachbildungen aller weiteren, seit 1831 verschollenen Funde angefertigt (Taf. 20-22). a. ringschmuck 1. kolbenarmring Taf. 1, 1 Gold. Seit 1831 verschollen. Dm. (nach Abb. bei Chiflet) 7,9 cm × 6,7 cm, Innen-dm. 6 cm × 4,5 cm. Gew. (nach Werner) ca. 300 g. Lit.: Chiflet 1655, 236. – Cochet 1859, 310. – Dumas 1975, 42 nr. c25 Taf. 10, c. – Werner 1980, 1-7. – Böhner 1981, 452 abb. 135, 7. – dumas 1982, nr. G. Kommentar: Die grundlegende Arbeit zu den goldenen kolbenarmringen der römischen kaiserzeit und der Völkerwanderungszeit stammt von Joachim Werner, der die ringe als germanische Herrschaftszeichen, als »Signum einer ›stirps regia‹«, interpretierte 7. Matthias Hardt hob deutlich hervor, dass die armringe über ihre Schmuck- und Insignienfunktion hinaus auch edelmetallbarren waren, deren Gewichtsklassen am römischen unzialsystem orientiert waren 8. es ist sogar wahrscheinlich, dass goldene Fibeln, Hals- und armringe quasi als Set von römischer Seite an (barbarische) krieger vergeben wurden, wie einige exemplare mit eingepunzten Gewichtsangaben vermuten lassen 9. Chiflet 1655. – Cochet 1859. – Dumas 1975; 1982. – Böhner 1981. 5 z. B. kat. Mainz 1980, 240-245. – kat. Tournai 1982, 70 f. Farbabb. G.2 auf den S. 203. 207. 209. – koch / von Welck / Wieczorek 1997, 881-883. – colonna 2008, 346 f. 655. – kat. Mannheim 2001, 172 f. – Willemsen 2014, 171-175. 6 Vgl. Beitrag Frey in diesem Band. 4 166 2. fingerring Taf. 1, 2 Gold, unverziert. Seit 1831 verschollen. dm. (nach abb. bei Chiflet) ca. 2,5 cm. Lit.: Chiflet 1655, 96. – Cochet 1859, 350. – Dumas 1975, 26 Taf. 6. – Böhner 1981, 452 abb. 135, 6. – dumas 1982, nr. I. – Hadjadj 2007, 324 nr. 423. Kommentar: Goldene Fingerringe dieser schlichten Form sind langlebig. Mehrere goldene exemplare aus der römischen kaiserzeit konnte christamaria Beckmann bereits vor fast 50 Jahren aulisten 10. aus Flonheim (Lkr. alzeyWorms / d) Grab 9 stammte ein solcher ring, der heute aber verschollen ist. die Bestattung ist in die Zeit um 500 bzw. das frühe 6. Jh. zu datieren 11. Weitere merowingerzeitliche exemplare sind ohne kontext überliefert und daher nicht präzise datierbar 12. Siegelring s. u. nr. 19. 7 8 9 10 11 12 Werner 1980, 23. 38 f. Hardt 2004, 69 f. Quast 2013, 181-185. – Vgl. auch von rummel 2007, 362-368. Beckmann 1969, 26-28 (z. B. abb. 2, 221; 3, 209). ament 1970, 95 f. Taf. 17, 2; 33, 3. Hadjadj 2007, 279 nr. 345. D. Quast · die Grabbeigaben – ein kommentierter Fundkatalog B. kleidungszubehör 3. paludamentum Chiflet erwähnt golddurchwirkte Textilien (»Seide, verblasster Purpur«) (»childericum regem sepultum fuisse cum vestibus auro textis, ostendunt aurea ilamenta quamplurima sericis permixta, & quidem purpureis, sed colore penè obsoleto«). die reste wurden anscheinend nicht geborgen. Lit.: Chiflet 1655, 94. – Cochet 1859, 173-176. – Werner 1971, 45 (geht von zwei Mänteln im Grab aus). – Böhner 1981, 450. Kommentar: Ob die Goldfäden zu einem paludamentum gehörten oder zu einem anderen kleidungsstück, ist natürlich unklar, aber dass childerich mit seinem Mantel bestattet war, belegt die Zwiebelknopfibel. Der Trägerkreis von mit Goldborten verzierten Gewändern wird im Codex Theodosianus und im Codex Iustinianus strikt auf das kaiserhaus, kaiserliche Beamte und hohe Militärangehörige beschränkt 13. aus dem Gebiet nördlich der alpen sind einige nachweise für Goldlahn aus der gesamten Merowingerzeit bekannt 14. 4. Zwiebelknopfibel Taf. 1, 3 Gold; ein Zwiebelknopf mit Schraubgewinde; ornamentik graviert. Seit 1831 verschollen, kopie aus dem 17. Jh. im Tiroler Landesmuseum Innsbruck. L. (nach abb. bei chifflet) ca. 6,1 cm. Lit.: Chiflet 1655, 182. – Cochet 1859, 213-215. – Dumas 1975, 38 f. nr. c20 Taf. 9, 20. – Böhner 1981, 450452 abb. 135, 3. – dumas 1982, nr. 13. Kommentar: Die Fibel gehört zum Typ 7 der Zwiebelknopfibeln, der zuletzt von Michael Schmauder zusammenfassend bearbeitet wurde 15. Bálint László Toth, der die durchbruchverzierten spätantiken Goldschmiedearbeiten untersucht hat, konnte anhand der Verzierung(stechnik) westliche und östliche kreationen unterscheiden. die Fibel childerichs ist demnach eine oströmische arbeit aus konstantinopel 16. die statusanzeigende Bedeutung von Zwiebelknopfibeln wurde mehrfach betont 17. Zuletzt hat sie rozalia Tybulewicz anhand der bildlichen darstellungen als Teile der zeremoniellen kleidung diskutiert 18. childerich erhielt die Fibel sicher zusammen mit dem Mantel, dem paludamentum. 13 14 15 16 17 18 riemer 2000, 248-252 bes. 249. Meissner 2010. – Schneebauer-Meissner 2012. – Stiefel-Ludwig 2012. – eger 2012. – krohn 2012. – riemer 2000, 248-252 bes. 249. Schmauder 2002, 76-80. 336 f. (Fundliste 12) Toth 2012, 284-288. 295 (Tabelle). – Vgl. zu den Techniken auch Toth 2010. z. B. Janes 1996. – Schmauder 2002, 76-80. Tybulewicz 2014. 5. gürtelschnalle Taf. 2, 1 Gold, nur der nierenförmige Beschlag und der dorn waren erhalten. Beschlag cloisonniert, außenzarge durch kleine, aneinandergesetzte röhrchen gebildet, deren außenseiten als Fassungen für stabförmige Granateinlagen dienen; dornschild mit drei Granateinlagen, die mittlere davon proiliert. Seit 1831 verschollen. L. (nach Abb. bei Chiflet) 5,7 cm, Beschlag-B. 2,9 cm. Lit.: Chiflet 1655, 236. – Cochet 1859, 239. – Dumas 1975, 34 Taf. 8, a. – Böhner 1981, 452 abb. 135, 4. Kommentar: Die Schnalle gehört zu einer kleinen Gruppe hervorragend gearbeiteter Goldschnallen mit cloisonnéverzierung. die besten und eigentlich auch einzigen Vergleiche liegen aus den drei Gräbern von apahida (jud. cluj / ro) und esslingen-rüdern (d) vor 19. Bei der Schnalle aus Tournai fehlt der Bügel, doch war auffälligerweise die Laschenkonstruktion nicht ausgerissen und auch das dornlager war anscheinend intakt. das deutet darauf hin, dass hier kein massiv goldener Bügel bei der Aufindung abgerissen wurde. Wahrscheinlicher ist es, dass der Bügel aus organischem oder mineralischem Material bestanden hat und durch die jahrhundertelange Lagerung im Boden brüchig geworden war 20. naheliegend ist es, an einen Meerschaum- oder »knochen«bügel zu denken. Vergleichbare exemplare sind aus Flonheim (Lkr. alzeyWorms / d) Grab 5, Tács, dem antiken Gorsium (kom. Fejér / H), und Guyalavári (kom. Békés / H) bekannt; entsprechende Schuhschnallen gibt es aus apahida II und aus Blučina (okr. Brno-venkov / CZ) 21. die Verwendung bzw. Verarbeitung von mineralischem Material wie Meerschaum weist deutlich auf eine Herkunft aus dem östlichen Mittelmeerraum hin 22. 6. gürteltasche Taf. 2, 2 Zwei endbeschläge eines Taschenbügels, Gold, Schauseite cloisonniert, Lötnaht zwischen Grundplatte und Zarge mit feinem Perldraht verdeckt, dargestellt sind nach außen blickende Pferdeköpfe. Seit 1831 verschollen. L. (nach abb. bei Chiflet) ca. 5 cm. Zugehörig ist sehr wahrscheinlich eine der Schnallen (Nr. 22 oder 28). Lit.: Chiflet 1655, 226. – Cochet 1859, 319 f. – Dumas 1975, 41 f. nr. c24 Taf. 10, a. – Brown 1977, 462 nr. 11. – Böhner 1981, 453 abb. 135, 10. – dumas 1982, nr. F. Apahida: Kat. Mannheim 2001, 148 Nr. 4.8.3.1; 157 Nr. 4.9.3.2; 161 Nr. 4.10. – Rüdern: Christlein 1978, 163 f. Nr. 299 Taf. 45 unten Mitte; kat. Stuttgart 1997, 152 abb. 148. – Zum technischen aufbau vgl. oanta-Marghitu u. a. 2009. 20 So schon Herdick 2000, 330. 21 Quast 1993, 54. 133 Liste 3, b. – Zu Apahida und Blučina vgl. auch unten nr. 7-8. – Zum Material Meerschaum vgl. auch Herdick 2000, 333-337. 22 Herdick 2000. – darüber hinaus Quast 2001, 435. 19 das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 167 Kommentar: Vergleichbare, mehrteilige Taschenbügel sind aus apahida II (jud. cluj / ro) und Flonheim (Lkr. alzey-Worms / d) Grab 5 bekannt 23. Beide sind zeitgleich mit dem childerichgrab und haben als Schnalle ein kleines exemplar mit nierenförmigem Beschlag (wie nr. 22). die etwas jüngeren Stücke sind einteilig und mit einem rechteckigen Zierfeld über dem Schnallenbügel verziert. einen solchen rechteckigen Beschlag zeigen auch die dreiteiligen Taschenbügel aus krefeld-Gellep Grab 1782 und Jouy-le-comte (dép. Val-d’oise / F) 24 (wie nr. 28). Bei den dreiteiligen exemplaren ist zu überlegen, ob sie nicht auf einen Träger montiert waren, der quasi als Gegenblech unter dem Taschenleder lag. 7-8. Paar schuhschnallen Taf. 2, 3-4 7. Schuhschnalle, Gold mit Granateinlagen, nur der Laschenbeschlag war erhalten, auf dem rand drei niete, Schnallenbügel und -dorn fehlen, evtl. ist nr. 25 zuge- hörig. Seit 1831 verschollen. Beschlag-B. (nach abb. bei Chiflet) ca. 3 cm. 8. wie nr. 7, Lasche aber deutlicher »ausgerissen«. Lit.: Chiflet 1655, 236. – Cochet 1859, 241 Abb. 3. – dumas 1975, 34 Taf. 8, d-e. – Böhner 1981, 452 f. abb. 135, 8-9. Kommentar: Goldene, cloisonnierte Schuhschnallen sind aus Apahida II (jud. Cluj / RO) und aus Blučina (okr. Brnovenkov / cZ) bekannt 25. In beiden Fällen erlauben die eindeutigen Lagebeobachtungen die funktionale ansprache 26. keine der Schnallen besaß einen Bügel aus Metall; in Apahida wurde »Knochen« verwendet, in Blučina ein weißes Material, wohl Meerschaum. das Fehlen der Bügel an den beiden Schnallen aus Tournai könnte evtl. darauf zurückzuführen sein, dass sie ebenfalls aus organischem Material bestanden. Gut dazu würde der cloisonnierte dorn nr. 25 passen. c. Bewaffnung 9. spatha Taf. 3-5 Nach Chiflet (1655, 199) »longus pedes duos sesqui« (Böhner 1981, 444 übersetzt »zwei Fuß und die Hälfte, also wohl drei Fuß« = 97 cm; Gietzen [in diesem Band] übersetzt »zweieinhalb Fuß« = 81 cm). cloisonnéarbeiten: Für alle cloisonnierten Teile des Spatha, der Spathascheide und des -gurtes (soweit erhalten und bestimmbar) gelten die folgenden Beobachtungen, die nicht bei jedem Teil erneut aufgeführt werden: Alle Granatplättchen liegen auf einer gewaffelten Goldfolie auf, die wiederum auf einer Füllung aus Gips (analysen RGZM) auliegt. Zur Befestigung sind die Stege etwas über die facettierten kanten der Granatplättchen getrieben. a. klinge Hatte keine Spitze, das eisen war so schlecht erhalten, dass es nicht geborgen werden konnte. Lit.: Chiflet 1655, 38. – Cochet 1859, 67 f. – Dumas 1975, 14. – Böhner 1981, 444. b. knauf Taf. 3, 1a Gold, cloisonniert, enden als Tierköpfe gestaltet, augen mit mugeligen almandinperlen. der knauf besteht anscheinend aus einem hohlen, bootförmigen rohling, auf dem das Zellwerk aufgelötet wurde, die Tierköpfe sind aus Blech an diesen rohling angelötet. Verbindung mit Griffangel und knaufplatte unklar. 1831 beschädigt, ungefähr Hälfte abgebrochen. original erhalten. erhaltene 23 24 Brown 1997, 462-464. – Windler 1994, 71-77 abb. 102. 104. Windler 1994, 72 abb. 97f; 76 abb. 103b; einteilige cloisonnierte Taschenbügel ebenda abb. 97. 168 B. 3,7 cm (urspr. B. ca. 5,2 cm), H. 8,4 cm. Gew. 11,025 g. Lit.: Chiflet 1655, Taf. zwischen S. 202 und 203. – Cochet 1859, 80. 83. – Arbman 1947-1948, 102 Abb. 2-3. – Dumas 1975, 12 nr. c1 Taf. 1, 1; 2, 2; 3, 1. – Böhner 1981, 442-448 abb. 132, 1 Taf. 30, 1c-d. – dumas 1982, nr. 1.a. – kat. Mannheim 2001, 76. c. knaufstange Taf. 3, 1b erhalten ist die Goldblechverkleidung der Schau-, oberund unterseite, Schauseite mit aufgelötetem Zellwerk und Granateinlagen, rahmendes Filigranornament aus zwei tordierten drähten an der ober- (Taf. 4, 1) und unterseite (Taf. 4, 2), an der unterkante zusätzlich reihe aus gegenständig eingepunzten dreiecken, eine durchlochung (Taf. 4, 1) evtl. zur Vernietung mit organischen Teilen. original erhalten. B. 6,2 cm, H. 1,2 cm. Gew. 23,25 g. Lit.: Chiflet 1655, Taf. zwischen S. 202 und 203. – Cochet 1859, 65. – Dumas 1975, 12 Nr. C2 Taf. 1, 2; 2, 2; 3, 2. – Böhner 1981, 442-448 Abb. 132, 1 Taf. 30, 1a-b. – Dumas 1982, nr. 1.b. – kat. Mannheim 2001, 76. d. goldgriff Taf. 3, 1c Blech mit fünf von innen herausgetriebenen rippen umfasst den gesamten Griff, ist aber verformt, auf der rückseite Lötnaht (Taf. 4, 3). original erhalten. Material-St. 0,2 mm, L. 9 cm. Gew. 19,23 g. Lit.: Chiflet 1655, Taf. zwischen S. 202 und 203. – Cochet 1859, 65. – dumas 1975, 12 f. nr. c3 Taf. 1, 3; 2, 3. kat. Mannheim 2001, 149 nr. 4.8.3.9; 167 nr. 4.12.3.4 (mit älterer Lit.). – Vgl. auch Schmauder 2002, 155-160. 26 Horedt / Protase 1972, 192. – Werner 1980, 3 abb. 1. 25 D. Quast · die Grabbeigaben – ein kommentierter Fundkatalog – Böhner 1981, 442-448 mit Abb. 132, 1 Taf. 30, 1e-f. – dumas 1982, nr. 1.c. – kat. Mannheim 2001, 76. e. parierstange Taf. 3, 1d; 5 erhalten ist die Goldblechverkleidung der Schauseite (vermutlich auf eine Parierstange aus organischem Material aufgesetzt), aufgelötetes Zellwerk mit Granateinlagen, an der unterkante reihe aus gegenständig eingepunzten dreiecken (Taf. 5, 1-2), oberkante glatt (Taf. 5, 3), Seitenkanten mit Flechtband aus drei glatten drähten, gefasst von zwei Perldrähten (Taf. 5, 4). original erhalten. B. 8,4 cm, H. 1,25 cm. Gew. 27,84 g. Lit.: Chiflet 1655, Taf. zwischen S. 202 und 203. – Cochet 1859, 65 abb. a. – arbman 1947-1948, 105 f. abb. 5-8. – Dumas 1975, 14 Nr. C4 Taf. 1, 4; 2, 4; 3, 4. – Böhner 1981, 442-448 abb. 132, 1 Taf. 30, 1g-h. – dumas 1982, nr. 1.d. – kat. Mannheim 2001, 76. Kommentar: Es handelt sich bei dem Schwert um eine Goldgriffspatha (vgl. unten kommentar zur Spathascheide). das cloisonée ist von herausragender Qualität, gleichzeitig ist es aber für die Belastung im kampf zu fragil. kaum vorstellbar ist, dass childerich mit dieser Waffe in die Schlacht zog. es wird sich dabei eher um eine »Prunkwaffe« handeln, die nur bei bestimmten ereignissen zum einsatz kam, wie etwa das edelsteinverzierte Schwert, das karl der Große aber bloß zu besonderen anlässen trug, wie einhard berichtet 27. auch Gregor von Tours nennt ein edelsteinverziertes Schwert, das könig childebert II. als Geschenk erhielt, über dessen genaue Verwendung wir jedoch nichts erfahren 28. 10. spathascheide Taf. 6 nur Beschläge erhalten, nirgendwo anhaftende organische reste beobachtet. a. Mundblech Taf. 6, 1 Goldblechstreifen auf der Schauseite mit aufgesetztem Zellwerk und cloisonné, außenzarge durch kleine, aneinandergesetzte röhrchen gebildet, rückseite des Mundblechs mit Filigranverzierung. das Mundblech ist verformt, dadurch ist die Öffnung eher »dreieckig«. original erhalten. B. 7,34 cm, H. 1,6-1,7 cm. Gew. 52,24 g. Lit.: Chiflet 1655, Taf. zwischen S. 202 und 203. – Cochet 1859, 65 abb. B. – arbman 1947-1948, 111 abb. 14-16 (allerdings dem Sax zugewiesen). – dumas 1975, 16 nr. c5 Taf. 1, 5; 2, 5; 3, 5. – Böhner 1981, 442-448 abb. 132, 2 Taf. 30, 2.a-d. – dumas 1982, nr. 2.a. – kat. Mannheim 2001, 76. einhardi Vita karoli Magni 23. Gregor von Tours, Historiae X, 21. – Weidemann 1982, 259. 29 Letzte Zusammenfassung zu den Goldgriffspathen bei Brather 2014, 580-583. 30 Theuws / alkmade 2000, 424-427. 27 28 b. Paar riemendurchzüge Taf. 6, 2-3 Für einen ca. 11 mm breiten riemen, Gold, Schauseite mit cloisonnéverzierung und parallel gelegten, tordierten drähten (»Zopfmuster«); vier niete mit »Gegenblech« (L. 6 mm), die Abbildung bei Chiflet vermittelt den Eindruck, dass die niete auf der Schauseite zu sehen sind, also durch »Bohrungen« in den Granateinlagen geführt wurden. Seit 1831 verschollen. L. (nach Abb. bei Chiflet) 9,3 cm. Lit.: Chiflet 1655, 194. – Cochet 1859, 394. – Dumas 1975, 18 Taf. 1, B. – Böhner 1981, 442-448 abb. 132, 3. – dumas 1982, zwischen nr. 2a und 2b »deux passecurroies«. c-d. ortbandfragmente Taf. 6, 4-6 c. oberer abschluss eines ortbandschenkels, Bronze, vergoldet, u-förmiger Querschnitt, einzeln gefasstes Granatplättchen, an der Basis der Zellwand anscheinend Perldraht. original erhalten. L. 2,4 cm (Taf. 6, 4; 6). Lit.: Chiflet 1655, 226. – Cochet 1859, 442. – Dumas 1975, 18 f. nr. c6 Taf. 1, 6; 2, 6. – Böhner 1981, 442-448 abb. 132, 5 Taf. 30, 2.e-f. – dumas 1982, nr. 2.b. d. wie c. Seit 1831 verschollen. L. (nach Abb. bei Chiflet) 2,8 cm (Taf. 6, 5). Lit.: Chiflet 1655, 226. – Dumas 1975, 18 f. Nr. C6 Taf. 1, 6. – Böhner 1981, 442-448 abb. 132, 6. Kommentar: Passend zur Goldgriffspatha sind die Beschläge einer prächtig verzierten Scheide mit cloisonniertem Mundblech, riemendurchzügen und ortband 29. die Schwertscheide aus dem childerichgrab fällt aus dem rahmen, da alle Beschläge aus massivem Gold sind. Zwar haben Frans Theuws und Monica alkmade darauf hingewiesen, dass Scheide und Schwert nicht aus derselben Werkstatt stammen müssen 30, vielfach wohl auch mit reparaturen zu rechnen ist, doch bilden Schwert und Scheide des fränkischen königs aufgrund des einheitlichen, qualitativ hochwertigen cloisonnés sicherlich eine einheit. Wenngleich die Verbreitung von cloisonnierten Spatha(scheiden)beschlägen sich nicht mehr so deutlich wie noch vor einigen Jahrzehnten auf das Mittelrheingebiet und nordostgallien begrenzen lässt, so zeigt sie in diesen regionen doch noch immer einen klaren Schwerpunkt 31. dass diese Waffen nicht unbedingt auch in diesen Gebieten gefertigt worden sein müssen, sondern wohl z. T. aus mediterranen Werkstätten stammen, hat Horst Wolfgang Böhme gezeigt 32. Bei den Schwertern der zweiten Hälfte des 5. Jhs. sind zwei Gruppen von riemendurchzügen zu unterscheiden 33: solche mit dornenden, die mittig auf der Scheide befestigt Theuws / alkmade 2000, 444-446 abb. 8. – klar getrennte Verbreitung einer »alamannischen« und einer »fränkischen« Gruppe der Goldgriffspathen bei ament 1970, 53 abb. 5. 32 Böhme 1994. – So auch schon arrhenius 1985, 102. 33 Menghin 1983, 102-115. 340-343. 31 das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 169 waren, und solche, die genietet waren und an der Scheidenkante saßen. Zu dieser Gruppe zählen die durchzüge aus dem childerichgrab. Wo sie genau an der Spathascheide befestigt waren, ist allerdings unklar. es gibt zwei Möglichkeiten: Auf gleicher Höhe an den gegenüberliegenden Scheidenkanten wurden die durchzüge mit Vogelkopfenden angebracht, wie einige gut dokumentierte Befunde zeigen 34. aus Lavoye (dép. Meuse / F) Grab 319 ist eine Befestigung der durchzüge untereinander an derselben Scheidenkante überliefert (abb. 1) 35. direkt neben den durchzügen wurde je ein sternförmiger cloisonnierter Beschlag entdeckt, der auf der rückseite eine Öse aufwies. Zweifellos wurde mit diesen »knöpfen« der um die Scheide (und durch die durchzüge) geführte Schwertgurt ixiert. Im Childerichgrab erfüllten anscheinend die beiden halbkreisförmigen Beschläge (nr. 11b) diese Funktion. Vom ortband der Spatha aus dem childerichgrab waren nur die beiden abschlüsse der ortbandschenkel erhalten, deren Verzierung mit Granat singulär ist 36. kurt Böhner hat den schildförmigen, cloisonnierten Beschlag als »ortblech« interpretiert, doch ist diese Zuweisung nicht sicher (vgl. unten nr. 36). 11. spathagurt Taf. 7-8 a. schnalle Taf. 7, 1 Gold, dorn mit nierenförmigem dornschild mit cloisonné, auf dem dorn drei oder vier (leere?) Fassungen für Steineinlagen. 1831 beschädigt, dorn seitdem verschollen, nur Bügel erhalten. B. 4,0 cm. Gew. 132,31 g. Lit.: Chiflet 1655, 236. – Cochet 1859, 237 Abb. 1-2. – dumas 1975, 33 nr. c16 Taf. 8, 16. – Böhner 1981, 448 abb. 132, 9. – dumas 1982, nr. 8. b. Zwei D-förmige beschläge Taf. 7, 3-5 Gold, cloisonné auf Schauseite und am rand, auf der rückseite je vier Ösen aus Golddraht. ein exemplar erhalten (Taf. 7, 3. 9), das andere seit 1831 verschollen. L. 1,9 cm, H. 4 mm. Gew. 4,06 g. Lit.: Chiflet 1655, 226. – Dumas 1975, 37 Nr. C19 Taf. 9, 19. – Böhner 1981, 455 abb. 137, 8-9 Taf. 31, 5.c. – dumas 1982, nr. 10. c. Zwei kleine vierpassförmige beschläge Taf. 7, 6-7 Gold, Granateinlage auf der Schauseite, Lötnaht zwischen Zarge und Grundplatte mit Perldraht verdeckt, auf der rückseite Öse. Seit 1831 verschollen. B. (nach abb. bei Chiflet) 0,9 cm. Lit.: Chiflet 1655, 226. – Cochet 1859, 277. – Dumas 1975, 38 Taf. 9, c. – Böhner 1981, 455 abb. 137, 3-4. 34 35 Heege 1987, 85-89 abb. 35, 5; 38. Joffroy 1974, 95-100 abb. 71; 130 f. Taf. 32. – chenet 1935, 46. 49 abb. 7. 170 d. rechteckiger riemenendbeschlag Taf. 7, 8 Gold, Schauseite cloisonniert. Seit 1831 verschollen. B. (nach Abb. bei Chiflet) 3,6 cm, H. 1,8 cm. Lit.: Chiflet 1655, 226. – Cochet 1859, 439. – Dumas 1975, 41 nr. c22 Taf. 9, G. – Böhner 1981, 445 abb. 137, 5. – dumas 1982, nr. d. – von carnap-Bornheim 1999, 54-57 abb. 3, 7. e. stierkopf-beschlag Taf. 7, 2 Gold, auf der Schauseite Granateinlagen, rückseite mit drei Ösen; Stierkopf hohl gearbeitet, die obere d-förmige Öffnung wurde anscheinend mit einem Beschlag mit rechteckigem Bügel geschlossen, von dem vermutlich organische reste herabhingen und zum Maul des Stieres austraten. Seit 1831 verschollen. H. (nach abb. bei chifflet) ca. 3,4 cm. Lit.: Chiflet 1655, 141. – Cochet 1859, 295. – Dumas 1975, 42-44 nr. c26 Taf. 10, d. – Böhner 1981, 457 abb. 137, 1. – dumas 1982, nr. H. – Quast 2003, 599. f. bienenförmige beschläge Taf. 8 Gold, Flügel mit Granateinlagen, Lötnaht zwischen Zarge und Grundplatte mit tordiertem (?) draht verdeckt, auf Rückseite Öse. Chiflet behauptet, es seien über 300 dieser Beschläge im Grab gewesen, doch dürfte es sich dabei um eine Übertreibung handeln, denn Chiflet hat den Bienen als Wappentieren der Merowinger so große Bedeutung zugemessen. Überliefert sind 27 exemplare, von denen seit 1831 25 verschollen sind. Chiflet bildet die Bienen an zwei unterschiedlichen Stellen in seinem Text ab, einmal in natürlicher Größe, einmal im M. 2:1. Unklar ist, ob letztere eine vergrößerte Wiederholung sind oder ob insgesamt 26 unterschiedliche Bienen abgebildet wurden. Im Folgenden werden die Bienen in natürlicher Größe gezählt, die »größeren« als »+« dahinter angegeben. Chiflet unterscheidet zwei Formen: apes oculteae, Bienen mit augen und apes caeca, »blinde Bienen«, ohne augen (cochet 1859, 179 denkt an unfertige exemplare, dagegen spricht, dass es beide Formen mit längsgerilltem körper gibt). Beide Formen gibt es mit glattem oberkörper (mindestens 7 + 4 ex.), und mit längsgerilltem oberkörper (mindestens 9 + 4 ex.). Von diesen beiden je ein exemplar erhalten L. 1,6cm. Gew. 1,95 g u. 2 g. Verschollene exemplare (nach Abb. bei Chiflet) 1,6-1,8 cm. Lit.: Chiflet 1655, 141. 322. – Cochet 1859, 177-190. – dumas 1975, 30 f. nr. c14-c15 Taf. 6, 14-15. – Böhner 1981, 457 abb. 137, 12-35. – dumas 1982, nr. 7. – Quast 2003, bes. 597 (mit älteren Interpretationen). Kommentar: Die aufgeführten Objekte wurden vor über zehn Jahren vom Verf. als Beschläge des Schwertgurtes identiiziert 37. Dazu wurde auf Vorbilder mit »igürli36 37 Menghin 1983, 125-132. 349-353. Quast 2003. D. Quast · die Grabbeigaben – ein kommentierter Fundkatalog abb. 1 Lavoye (dép. Meuse / F) Grab 319. Spatha mit Zweipunktaufhängung: 1 Befundskizze. – 2 Durchzug für den Schwertriemen. – 3 sternförmiger Beschlag mit Schlaufe auf der Rückseite. – 4 Spatha. – (1-3 nach chenet 1935, 38 abb. 2; 46 abb. 7; 4 nach Joffroy 1974, Taf. 32). – 2-3 M. 1:1; 4 M. 1:5. das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 171 chen« Besatzstücken aus dem kaiserzeitlichen Barbaricum aus Illerup Ådal (Skanderborg amt / dk), Frøyhov (fylke Akershus / N) und Szwajcaria (woj. Suwałki / PL) hingewiesen. Bis dahin galten die aufgelisteten objekte als Beschläge eines Zaumzeugs 38. unklar ist, ob es sich dabei um eine Zweipunktaufhängung gehandelt hat (abb. 2). Fraglos hatten die igürlichen Beschläge – Stierkopf und Bienen – eine symbolische Bedeutung für childerich, chlodwig und deren umfeld. Jede Interpretation wird aber stets ein gewisses Maß an Spekulation beinhalten. Bei dem Stierkopf drängt sich eine Verbindung zum Quinotaurus, einem Meeresungeheuer mit Stierkopf, auf, den Fredegar als möglichen erzeuger Merowechs, des Vaters childerichs, erwähnt 39. Birgit arrhenius hingegen erkennt einen apisstier, und somit einen Hinweis auf einen Isiskult bei den frühen Franken 40. auch den Bienen kam in der antike und im Mittelalter hohe Symbolhaftigkeit zu, die im christentum entsprechend angepasst wurde 41. In der antiken Tierdeutung ist der Bienenschwarm Sinnbild des durch einen könig / Fürsten (nicht durch eine königin!) geleiteten leißigen Volkes. Der König oder Fürst sei »nach der ordnung und natürlichen Sitte der- selben von dem Schöpfer eingesetzt ist, um sie zu regieren« 42. Zudem sind die Bienen staatenbildend. die Interpretation der Bienen aus dem childerichgrab wird aber dadurch erschwert, dass gerade im 5. Jh. in einiger Zahl Zikadenibeln und -beschläge auftauchen, die mit einem eigenen (anderen) Symbolgehalt behaftet waren. Wie haben diese Zikaden auf die Bienen childerichs eingewirkt 43? 12. schwertperle nicht erhalten, vermutlich aus mineralischem Material, erhalten ist der Zierknopf zur Befestigung des riemens, allerdings ist unklar, ob es sich um nr. 30 oder nr. 32 handelt. Kommentar: Bei reicher ausgestatteten Gräbern des 5. Jhs. inden sich nahezu regelhaft Schwertperlen, die aus ganz unterschiedlichen Materialien gefertigt sein konnten, wie 38 39 40 41 42 43 44 45 46 Ältere Lit. angeführt in Beitrag ament in diesem Band. Fredegar III, 9. – ewig 1991, 47. – Vgl. dazu unten. arrhenius 1997, 65 f. Vgl. Hünemörder 1983, 134 f. – engels / nicolaye 2008. – reiche Zusammenstellung bei Tavoillot / Tavoillot 2015. Physiologus 53 (= Peters 1976, 85-88). Vgl. z. B. kysela 2002. rau 2010, Bd. 1, 363-384. rau 2010, Bd. 2, 35-41 Fundliste 23 nr. 7 (alattyán / H), 42 (chaouilley / F), 82 (Gammertingen / d), 95 (krefeld-Gellep / d, Grab 1782), 98 (Morken / d), 99 (niederstotzingen / d, Grab 9), 101b (rödingen / d, Grab 7/1949), 112 (Ziertheim / d, Grab 3/1910). – cloisonnierte Zierknöpfe mit Perlen aus anderem Material: ebenda Nr. 28 (Jakuszowice / PL: Bernstein), 89 (Hüingen / D, Grab 335: Milleioriglas). rau 2010, Bd. 2, 35-41 Fundliste 23 nr. 15 (Pécs-Üszög / H), 115 (Gudme / dk, 2 exemplare), 132 (djurgårdsäng / S), 138 Övede / S). – Weitere Meerschaumperle mit cloisonniertem Zierknopf aus Brut (Resp. Severno-Ossetinskajs / RUS) Kurgan 2: Kat. Mannheim 2001, 124 nr. 3. 172 Glas, Bergkristall, Bernstein oder Meerschaum. Zuletzt hat sich andreas rau ausführlich mit dieser Materialgruppe beschäftigt und anhand ausreichend dokumentierter Befunde aufgezeigt, dass die Perlen am Schwertgurt nahe der Spathascheide befestigt waren 44. einiges spricht dafür, dass die Perle aus dem childerichgrab aus Meerschaum bestand: Goldene cloisonnierte Zierknöpfe inden sich mit zwei ausnahmen stets mit Perlen aus »kreide«, »Gips« oder Meerschaum 45. Zwar sind auch mehrere exemplare ohne zugehörige Perle überliefert 46, doch würde die leichte Vergänglichkeit des Materials auch bei diesen Stücken eher auf Meerschaum als auf Bernstein, Bergkristall oder Glas schließen lassen. Schwertperlen aus Meerschaum (oder unbestimmtem weißen Material) sind in einiger Zahl aus Gräbern nördlich der byzantinischen donaugrenze bekannt. Im westlichen reihengräberkreis stammen sie zumeist aus reichen Bestattungen, deren Fundmaterial weitere objekte aus dem Mittelmeergebiet aufweist 47. auch bei der Schwertperle aus dem childerichgrab wäre eine Herstellung im Mittelmeerraum wahrscheinlich. 13. sax klinge nicht erhalten, nicht einmal beobachtet. Zu einem möglichen knauf vgl. nr. 31 und nr. 36. Lit.: Böhner 1981, 449 f. Kommentar: Vom Sax selbst war anscheinend nichts erhalten; wohl auch deshalb hat man lange Zeit nicht erkannt, dass ein solcher als zweites Schwert zum Inventar gehörte 48. Sehr wahrscheinlich hat es sich dabei um einen schmalen Langsax gehandelt, eine Waffenform, für die eine Vermittlung durch das oströmische Heer zumindest denkbar ist 49. In den fränkischen reichen sind schmale Langsaxe ausnahmeerscheinungen. ein cloisonnierter Beschlag mit einer doppelten Stegöse (nr. 31) wurde bislang als knauf interpretiert, doch gibt es dafür keine Parallelen. eher könnte man bei dem schildförmigen Beschlag (Nr. 36) an einen Saxknauf denken. Menghin 1983, 356 f. Fundliste c,1.d. – rau 2010, Bd. 2, 3541 Fundliste 23 Nr. 2 (Moreşti / RO), 7 (Bátaszék / H), 8 (CsanádBőkény / H), 11a (Hódmezővásárhely / H), 11b (Kétegyháza / H), 12 (kiszombor / H), 14 (Magyarcsanád-Bökeny / H), 16 (Szentes-Berekhát / H, Grab 71), 18a (Szentes-kökenyzug / H, Grab 143), 20 (Szőrek-Téglagyár / H, Gräber 23, 64, 69), 21 (SzolnokSzanda / H, Gräber 6, 88, 168), 24 (Tiszáfüred-nagykenderföldek / H, Grab 1), 33 (Taurapilis / LT), 42 (chaouilley / F, Grab 20), 43 (Lavoye / F, Grab 194), 67 (Selmeston / GB, Grab 1), 72 (altenerding / d, Grab 92), 80 (Flonheim / d, Grab 5), 82 (Gammertingen / d, Grab von 1906), 90 (Hüttenheim / d, Grab 2), 93 (kerzenheim / d), 95 (krefeld-Gellep / d, Gräber 1782, 1812), 98 (Morken / d, Grab 2), 99 (niederstotzingen / d, Grab 9), 100 (Planig / d), 101b (rödingen / d, Grab 7/1949), 109 (Weimar / d, nordfriedhof Grab 32), 117 (kyndby / dk). 48 Zur Forschungsgeschichte vgl. Beitrag ament in diesem Band. 49 Quast 1999. – Vgl. jetzt kritisch dazu kiss 2014. 47 D. Quast · die Grabbeigaben – ein kommentierter Fundkatalog 1 2 abb. 2 rekonstruktionsvorschläge für den Schwertgurt aus dem childerichgrab mit riemendurchzügen auf gleicher Höhe (1) oder mit einer Zweipunktaufhängung (2). – (Graphik V. kassühlke, rGZM). – o. M. das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 173 14. saxscheide Taf. 9-10 cloisonnéarbeiten: Für alle cloisonnierten Teile der Saxscheide gelten die folgenden Beobachtungen, die nicht bei jedem Teil erneut aufgeführt werden: Alle Granatplättchen liegen auf einer gewaffelten Goldfolie auf, die wiederum auf einer Füllung aus Gips (analysen rGZM) auliegt. Zur Befestigung sind die Stege etwas über die facettierten kanten der Granatplättchen getrieben. die halbkugeligen Einlagen am Rand sind anders gefasst: Es wurden zwei Goldbleche exakt übereinander gelötet. Zuvor wurden in das obere Blech die runden Fassungen eingebohrt. Dadurch ist die Fassung so »lach«, dass keine Füllmasse nötig war – und da die Steinchen direkt auf dem zweiten unteren Blech aufsaßen, auch keine Waffelfolie. auch bei diesen halbrunden Granateinlagen wurde die oberkante der Fassung zur Befestigung etwas über die Steine getrieben (Taf. 10, 2-3). a. Mundblech mit randbeschlag Taf. 9, 1; 10 Goldblech, cloisonniert. aufbau (abb. 3): Auf einen Goldblechstreifen wurde das Stegwerk aufgelötet, dabei sind die eigentlichen außenzargen einige Millimeter nach innen versetzt. So konnten auf den rand Stege für die randlichen einlagen gelötet werden. diese Stege sind nicht so hoch wie das andere Stegwerk. Sie wurden nach oben mit einem Goldblech verschlossen, das eigentlich aus zwei exakt übereinander gelöteten Blechen besteht. das obere Blech weist Bohrungen für die mugeligen einlagen auf. original erhalten. B. 6,6 cm, H. Mundblech 1,8 cm, L. (nur randbeschlag) 12,0 cm. Gew. 93,32 g. Lit.: Chiflet 1655, Taf. zwischen S. 202 und 203. – Cochet 1859, 65 abb. d. – dumas 1975, 21 nr. c7 Taf. 4, 7. – Böhner 1981, 449 f. abb. 133, 2 Taf. 31, 1.a. – dumas 1982, nr. 3.a. – kat. Mannheim 2001, 77. – Quast in Vorb. b. ortband mit randbeschlag Taf. 9, 2-4 Goldblech, cloisonniert, aufbau wie bei 14a. unterseite mit cloisonniertem Goldblech verschlossen, dort zusätzlich zu almandineinlagen eine große achateinlage. original erhalten, aber 1831 beschädigt, seitdem fehlt randbeschlag. B. 6,2 cm, H. noch 1,8 cm. Gew. noch 54,93 g. Lit.: Chiflet 1655, Taf. zwischen S. 202 und 203. – Cochet 1859, 65 abb. c. – dumas 1975, 21 nr. c8 Taf. 4, 8. – Böhner 1981, 449 f. abb. 133, 3 Taf. 31, 1.b-d. – dumas 1982, nr. 3.b. – kat. Mannheim 2001, 77. – Quast in Vorb. Kommentar: Die Saxscheidenbeschläge gehören sicherlich zu den qualitativ hochwertigsten cloisonnéarbeiten des 5. Jhs. Mundblech und ort sind gebogen und die Granatplättchen exakt an die Biegungen angepasst. Selbst die die Zahlen entstammen einem restaurierungsbericht aus dem rGZM von e. Foltz und H. Staude, die sich intensiv mit den originalen beschäftigen konnten. 51 Quast 1999, 116 anm. 9. 52 Quast 2005, 288 f. abb. 39; im druck a. 50 174 kanten der Beschläge sind cloisonniert. Sämtliche Steine sind genau in die Fassungen eingeschliffen. abb. 3 zeigt den kleinteiligen aufbau. Insgesamt wurden an den beiden Teilen ca. 440 halbkugelige Steine an den rändern und zusätzlich ca. 720 Granatplättchen gefasst 50. Steinschleifer und Goldschmiede mussten sehr eng zusammenarbeiten. ebenfalls hohes können musste der Handwerker besitzen, der die eigentliche Scheide herstellte und einpasste. Soweit überliefert bestanden die Scheiden der schmalen Langsaxe aus Holz und waren vermutlich mit einem feinen Leder überzogen 51. ursprünglich war zumindest der niet auf dem randparallelen Teil mit einer sternförmigen einlage verdeckt. diese konnte also erst nach der Vernietung von Beschlag und Scheide eingefügt werden. die enorm hohe Qualität der Saxscheidenbeschläge lässt an eine Herstellung in einer herausragenden Werkstatt denken, die man am ehesten im (ost)römischen reich vermuten würde. die Saxscheidenbeschläge aus dem childerichgrab sind von außergewöhnlicher Qualität. es existieren einige nachahmungen, wobei es sich zumeist nur um die fünfeckigen Teile handelt, die parallel zur Schneide verliefen. es gibt solche mit cloisonné und zeitlich wenig jünger solche aus Gold mit Filigranverzierung 52. kombiniert mit einem Mundblech ist ein aus schlichtem Bronzeblech hergestellter Beschlag aus Schleitheim-Hebsack (kt. Schaffhausen / cH) Grab 391, das ungefähr zeitgleich mit dem childerichgrab angelegt wurde 53. aus eisen ist ein vergleichbarer Beschlag vom schmalen Langsax aus eschborn (Main-Taunus-kreis / d) Grab 9 gefertigt 54. ein einziges Mundblech mit randbeschlag mit cloisonnéverzierung ist bekannt. Wenn das Stück aus Gold gefertigt wurde, ist es doch sehr viel schlichter ausgeführt. es stammt aus Zaragij (resp. kobardino-Balkaria / ruS) Grab 118 55 (abb. 4). der weit entfernte Fundplatz zeigt, dass sowohl die kaukasische Schwertscheide als auch die aus dem childerichgrab nicht an ihren Fundorten gefertigt wurden. 15. saxaufhängung Zur Befestigung des Saxes am Gürtel dienten vermutlich einige Schnallen und riemenschieber (vgl. nr. 26. 33-35). eine sichere ansprache ist aber unmöglich. 16. lanzenspitze Taf. 11, 1 unvollständig, stark korrodiert. Seit 1828 verschollen. Lit.: Chiflet 1655, 218. – Cochet 1859, 129 f. 141 (die dort abgebildete Lanze stammt nicht aus dem childerichgrab; vgl dumas 1975). – dumas 1975, 23 Taf. 5. – Böhner 1981, 450 abb. 135, 2. – dumas 1982, nr. a. Burzler u. a. 2002, Bd. 1, 127; Bd. 2, 129 Taf. 31. ament 1992, 29 f. Taf. 20, 3-7. 55 kat. Mannheim 2001, 142 f. nr. 4.5.1. – atabiev 2002, 78 abb. oben. 53 54 D. Quast · die Grabbeigaben – ein kommentierter Fundkatalog Kommentar: Die Lanzenspitze ist typologisch und chronologisch nicht genau zu bestimmen, die Form und Länge der Tülle ist nicht zu rekonstruieren, das Blatt war anscheinend rhombisch. 17. franziska Taf. 11, 3 original erhalten. L. 20 cm. Gew. 935 g. Lit.: Chiflet 1655, 210. – Cochet 1859, 119. – Dumas 1975, 23 nr. c9 Taf. 5, 9. – Böhner 1981, 450 abb. 135, 1. – dumas 1982, nr. 4. Kommentar: Die Franziska mit gleichmäßig gewölbter Unterkante gehört zum Typ a nach Böhner und ist in dessen Stufe II (450-525) mehrfach in reich ausgestatteten Männergräbern belegt 56. 18. schildbuckel Taf. 11, 2 Fragment, eisen. Seit 1831 verschollen. anscheinend gab es mehrere Fragmente, die stark korrodiert waren und »in Bruchstücke zersprangen« (»ferrum putre in fragmenta dissiluerit«). Lit.: Chiflet 224 f. – Cochet 1859, 149 f. – Böhner 1981, 458 abb. 137, 11. Kommentar: Das Fragment wurde von Chiflet als Hufeisen interpretiert. erst im rahmen der Frankenausstellung 1996 in Mannheim wurde das Fragment als Schildbeschlag erkannt. ursula koch, karin von Welck und alfried Wieczorek dachten an einen Schildbuckel, Patrick Périn und Michel kazanski an einen Schildrandbeschlag (für den es aber keine Vergleichsfunde aus der Merowingerzeit gibt) 57. D. Insignien 19. siegelring Taf. 12-13, 1-3 Gold. auf der Zierplatte Brustbild des königs im Panzer und paludamentum mit Lanze in der rechten Hand, langes auf die Schulter fallendes Haar mit Mittelscheitel, bartlos, spiegelbildliche Inschrift am Rand: CHILDIRICI REGIƧ. (Gelegentlich wird erwähnt, childerich trage auf dem Siegelbild einen Halsring [roth 2002, 130 f.], ich kann keinen Halsring erkennen) Seit 1831 verschollen. InnenDm. (nach Abb. bei Chiflet und erhaltenen Abdrücken) 2,4 cm × 1,4 cm, Siegelplatte 2,1 cm × 1,7 cm. Lit.: Chiflet 1655, 96. – Cochet 1859, 361-371. – Dumas 1975, 23 f. nr. c10 Taf. 6, 10. – Böhner 1981, 452 abb. 135, 5. – dumas 1982, nr. 12. – kat. Mannheim 2001, 64. – von rummel 2007, 265-268. – Hadjadj 2007, 323 nr. 422-423. – Berndt 2009, 52-56. Kommentar: Der Siegelring ist sicherlich der wichtigste Fund des Grabes, erlaubt er doch die Identiizierung des Bestatteten 58. er ist zwar nicht erhalten, allerdings sind vier originalabdrücke in London, Paris, nantes und oxford überliefert (Taf. 12), die aber deutlich von der abbildung bei Chiflet abweichen 59. ein weiterer abdruck unbekannten Alters beindet sich im RGZM (Taf. 12); vermutlich hat ihn Ludwig Lindenschmit bei der abformung der childerichfunde in Paris erhalten. obwohl aus der Völkerwanderungszeit und dem Frühmittelalter nur wenige Siegelringe bekannt sind, hat Guido Berndt kürzlich die kontinuierliche nutzung von Siegelringen von der antike bis ins Frühmittelalter herausgestellt 60. die ringe dienten zum Beglaubigen, aber auch zum Versiegeln von nachrichten im diplomatischen Schriftverkehr. Sie sind daher auch Hinweise auf die Literarität ihrer Benutzer 61. nicht zu unterschätzen ist aber auch ihre Funktion als »Propagandamittel«, ist doch childerich auf dem Siegelbild dargestellt wie der römische kaiser – allerdings mit langem Haar 62. Mit jedem Siegelvorgang verbreitete er nicht nur sein Bild, sondern auch seinen Herrschaftsanspruch, denn auch wenn die Inschrift im Genetiv verfasst ist, so teilt sie doch klar mit, dass childerich könig ist, vermutlich gerade nach seiner rückkehr aus dem thüringischen »exil« von besonderer Bedeutung. Helmut roth sah in dem Siegelring ein von ostrom verliehenes Hoheitszeichen an einen Vasallenkönig – das Siegelbild sei daher keine Selbstdarstellung 63. In den bislang als Leibgardisten interpretierten langhaarigen Männern auf dem Mosaik von ravenna sah er ebenfalls von ostrom abhängige könige, denn sie seien der darstellung childerichs sehr ähnlich, und dieser ist durch die Inschrift als »rex« bezeichnet. Philipp von rummel hat dagegen betont, dass die langen Haare wohl »der üblichen äußeren erscheinung eines hochrangigen Soldaten« des 5. Jhs. entsprachen. die darstellung childerichs sei vielmehr ein Beleg für eine »besondere art der romanisierung«, childerich sei als Feldherr, nicht als spätrömischer Herrscher abgebildet 64. 56 Böhner 1958, 166 f. koch / von Welck / Wieczorek 1997, 883. – Périn / kazanski 1997, 176. 58 Mögliche Zweifel äußerte Halsall 2001, 117. – Vgl. dazu auch Berndt 2009, 55 anm. 32. 59 MacGregor 1999. – Salün 2008. 60 Hadjadj 2007, 423. – Weber 2007. – aubry 2011. – Spier 2007, 17-27. – Berndt 2009. 61 57 62 richter 2004. von rummel 2007, 213-231 (dort ausführliche diskussion der Frisur und deren Interpretation in der bisherigen Forschung). 265-268. – Vgl. auch kornbluth 2008. 63 roth 2002. 64 von rummel 2007, 265-268 bes. 267. Zu den anderen bei roth angeführten attributen der »Vasallenkönige« ebenda 213231. – Vgl. auch Richter 2004. das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 175 abb. 3 Aufbau des Zellwerks auf dem Mundblech mit Randbeschlag des Saxes aus dem Childerichgrab. – (Graphik M. Ober, RGZM). – o. M. 176 D. Quast · die Grabbeigaben – ein kommentierter Fundkatalog 1 2 abb. 4 3 Zaragij (Resp. Kobardino-Balkaria / RUS) Grab 118: 1 Befund. – 2-3 Schwerter. – (nach atabiev 2002, 78 f.). – o. M. das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 177 Sollte es sich bei dem ring wirklich um ein vom oströmischen kaiser verliehenes Hoheitszeichen handeln, wie Roth meint, so stellen sich zwei Fragen: Warum war der Hersteller nicht in der Lage, die gesamte Inschrift fehlerfrei zu gravieren? das letzte S ist spiegelverkehrt. und warum fehlt jeglicher Hinweis auf den kaiser? Prokop erwähnt die entrüstung, die Theudebert (533-547), der urenkel childerichs, hervorrief, als er als erster der fränkischen könige Münzen mit ausschließlich seinem eigene namen und dem Zusatz dominus noster prägen ließ 65. Bis dahin wurde der oströmische kaiser abgebildet und genannt. Ist es wahrscheinlich, dass der römische kaiser bei der Vergabe von Siegelringen an einen Vasallenkönig auf die nennung der eigenen Person verzichtete? 20. kugel aus bergkristall Taf. 13, 4-5 Geschliffen. original erhalten. dm. 4,5-4,6 cm (dumas 1975, 29), 5 cm (kat. Tournai 1982, 71). Gew. 134 g (kat. Tournai 1982, 71). Lit.: Chiflet 1655, 243. – Cochet 1859, 299. – Dumas 1975, 29 f. nr. c13 Taf. 6, 13. – Böhner 1981, 458 abb. 137, 39. – dumas 1982, nr. 6. – Quast 2010. – kat. aachen 2014, 69 f. nr. 069. Kommentar: Galt die Bergkristallkugel lange Zeit als Hinweis auf eine mitbestattete Frau, so konnte vor wenigen Jahren gezeigt werden, dass es sich dabei um den oberen abschluss eines spätantiken Zepters handelt. aus bildlichen Quellen waren Zepter durchaus bekannt, doch waren das Material und die Verbindung zwischen Stab und kugel unklar. erst ein Hortfund aus dem frühen 4. Jh. von den nordöstlichen Hängen des Palatin in rom mit drei Zeptern ließ daher diese Interpretation der Bergkristallkugel aus dem childerichgrab zu 66. e. teile des königsschatzes 21. goldmünzen Taf. 14 Von den über 100 Solidi lagen Chiflet 89 zur Bestimmung vor. original erhalten sind zwei Solidi Leos I aus der Münzstätte konstantinopel (Taf. 14, 13-14) (bei Chiflet nicht abgebildet – dumas 1982, nr. 5.a-b); alle weiteren sind seit 1831 verschollen. (die folgende Bestimmung nach Fischer / Lind 2015, 17 Tab. 2. – einzelbestimmung der Solidi bei Lallemand 1965, 115 f.) kaiser Theodosius II. Theodosius II. Valentinian III. Valentinian III. Marcian Leo I. Leo I. Julius nepos Basiliscus Basiliscus & Marcus Zeno Zeno & Leo anzahl 65 Prokop, Bell. Got. III,33. 178 Münzstätte konstantinopel konstantinopel ravenna konstantinopel konstantinopel Thessaloniki konstantinopel ravenna konstantinopel konstantinopel konstantinopel konstantinopel Lit.: Chiflet 1655, 252. – Cochet 1859, 411. – Dumas 1975, 28 f. nr. c11-c12 Taf. 7. – Böhner 1981, 453 f. abb. 136, 1-12. – dumas 1982, nr. 5. – r.-alföldi / Stribrny 1998, 37-39. – Fischer / Lind 2015. Kommentar: Die große Anzahl an Solidi ist einmalig für ein spätantikes Grab. Lange Zeit galten die Münzen als Föderatenzahlungen aus dem oströmischen reich, entstammen doch die meisten Prägungen der Münzstätte ric X 232-237. 257-260 282-293 2035-2036 505-506 507-511 620-627 605. 630 3212-3213 1001-1007 1010-1012. 1019-1024 911 906 66 chronologie 431-434 441-443 435 452 451-456 457 462-471 474-477 475-476 476 474-475, 476-491 476-477 anzahl 1 1 1 1 8 1 57 1 1 2 14 1 89 Quast 2010 (zu weiteren, älteren Interpretationen vgl. Beitrag ament in diesem Band). Zum Hortfund vom Palatin vgl. jetzt Panella 2011, bes. 28 f. 177-181. D. Quast · die Grabbeigaben – ein kommentierter Fundkatalog konstantinopel 67. Max Martin hatte vermutet, der Münzschatz könne evtl. über das Thüringerreich mit childerich in die Belgica II gelangt sein, doch fehlen hierfür argumente 68. Jüngst haben sich Svante Fischer und Lennart Lind mit den Münzen aus dem childerichgrab beschäftigt. Sie betonen, dass der Solidusschatz aus zwei unterschiedlichen Teilen besteht: einem älteren, westlichen mit Prägungen der zehnten Vota von Valentinian III. und einem jüngeren, östlichen mit Münzen Leos I., die in großer Masse nach Italien exportiert worden seien, um anthemius zu stützen 69. childerich habe die östlichen Solidi über Italien vermittelt bekommen 70. Prägungen westlicher usurpatoren fehlen im Grab, worin Fischer und Lind eine bewusste auslese der beigegebenen Münzen durch chlodwig sehen 71. 22. silbermünzen Taf. 13, 6-9 Von über 200 »numismatica argentea« gelangten nur 42 an Chiflet. Die Prägungen waren teilweise stark korrodiert und nur schwer zu bestimmen. Seit 1831 verschollen. (Bestimmung nach Fischer / Lind 2015, 22) Vier der Silbermünzen waren gelocht: Hadrian, 134/138, Rom, RIC II 244 d – antoninus Pius, 148/149, rom, rIc III 181 – Lucius Verus, 161, rom, rIc III 463. – constantius II, 351/355, konstantinopel?, rIc VIII 102 (Bestimmung nach r.-alföldi / Stribrny 1998, 40). Lit.: Chiflet 1655, 271. – Cochet 1859, 338. 413 f. – Dumas 1975, 28 f. Taf. 7, a-d. – Böhner 1981, 454 abb. 136, 13-16. – dumas 1982, nr. B. – Martin 2004. – r.alföldi / Stribrny 1998. – Fischer / Lind 2015. Kommentar: Bei den meisten Denaren handelt es sich um Münzen des 2. Jhs., die im Gegensatz zu denen nach 195 geprägten einen hohen Silbergehalt aufweisen. Innerhalb des römischen reiches verschwanden diese hochwertigen denare rasch aus dem umlauf 72. Im Barbaricum hatten diese Münzen keine Zahlungsfunktion; sie dienten quasi als »kleinstbarren« und überdauerten so die Jahrhunderte. Sowohl Martin als auch r.-alföldi und Stribrny gehen daher davon aus, dass es sich bei den Silbermünzen aus dem childerichgrab um einen außerhalb des reiches r.-alföldi / Stribrny 1998, 37 f. Martin 2004, 260. 69 Fischer / Lind 2015, 19. 70 ebenda 13-20. 71 ebenda 29 f. 67 68 kaiser republik nero Trajan Hadrian antoninus Pius Faustina I. Marc aurel Faustina II. Lucius Verus commodus Julia domna caracalla constantius II. anzahl ric chronologie anzahl unbestimmt 1 rIc I 50-68 1 rIc II 98-117 2 rIc II 117-138 5 rIc III 138-161 9 rIc III 138-161 3 rIc III 140-180 7 rIc III 147-180 3 rIc III 161-169 6 rIc III 172-192 2 rIc IV 193-217 1 rIc IV 196-217 1 rIc VIII 351-355 1 42 zusammengestellten Schatz handelt 73. die Silbermünzen seien durch germanische Gruppen im 5. Jh. wieder in das (ehemalige) reichsgebiet gelangt. childerich habe evtl. den Silbermünzschatz während seines exils in Thüringen an sich gebracht. 23. achatgefäß nur kleines Fragment, nicht näher beschrieben (»fragmentum vasculi ex achate gemmâ«), verschollen. Lit.: Chiflet 1655, 48. – Cochet 1859, 385-387. – Böhner 1981, 458. Kommentar: Edelsteingefäße sind als Luxusartikel in einiger anzahl aus den ersten nachchristlichen Jahrhunderten bekannt 74. Vermutlich handelt es sich bei dem Gefäß aus dem Grab childerichs um einen solchen »altfund«. In frühgeschichtlichen Prunkgräbern inden sich immer wieder mehrere Generationen alte Gefäße, die als Teile eines königs- bzw. Familienschatzes interpretiert werden, etwa in Krakovany-Stráže (okr. Piešťany / SK) die große Lanx, in apahida (jud. cluj / ro) Grab I die beiden Silberkannen oder in Sutton Hoo (Suffolk / GB) die große Silberplatte mit Stempeln des byzantinischen kaisers anastasius 75. dagegen Fischer / Lind 2015, 25-29 (die sich allerdings auf relativ wenige ausnahmen berufen; vgl. Schubert 1992, 278). 73 In diesem Sinne auch Fischer / Lind 2015, 25-29. 74 Bühler 1973. 75 Quast 2011. 72 das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 179 f. Sonstiges und funktional nicht eindeutig zuweisbare funde 24. nadel Taf. 15, 1 Gold, das obere ende anscheinend zu einer Tülle gerollt. Seit 1831 verschollen. L. (nach Abb. bei Chiflet) 7,6 cm. Lit.: Chiflet 1655, 236. – Cochet 1859, 145. – Dumas 1975, 41 nr. c23 Taf. 10, B. – Böhner 1981, 458 abb. 137, 40. – dumas 1982, nr. e. Kommentar: Nadeln sind in Männergräbern nicht selten anzutreffen, wenngleich sie zumeist aus Bronze, seltener aus Silber oder Bein gefertigt worden waren. Sie gehörten wohl zur Militärausstattung 76. 25. schnallendorn Taf. 15, 2 Gold, Granateinlagen. original erhalten; kopie aus dem 17. Jh. im Tiroler Landesmuseum Innsbruck. L. 2,1 cm. Gew. 4,46 g. Lit.: Chiflet 1655, 236. – Cochet 1859, 240. – Dumas 1975, 35 nr. c17 Taf. 8, 17. – Böhner 1981, 458 abb. 137, 36 Taf. 31, 4. – dumas 1982, nr. 9. Kommentar: Der relativ kleine Dorn hat sehr wahrscheinlich zu einer der beiden Schuhschnallen gehört. einen vergleichbaren cloisonnierten dorn zeigen die Schuhschnallen aus apahida (jud. cluj / ro) Grab II, das chronologisch genau in denselben Zeitraum gehört, wie das childerichgrab 77. 26. nierenförmiger laschenbeschlag Taf. 15, 3 Gold, nierenförmige Granateinlage, auf dem rand mugelige einlagen oder Goldniete. Seit 1831 verschollen. B. (nach Abb. bei Chiflet) 1,9 cm. Lit.: Chiflet 1655, 236. – Cochet 1859, 241 Abb. 3. – dumas 1975, 34 Taf. 8, c. – Böhner 1981, 458 abb. 137, 37. – dumas 1982, nr. J. Kommentar: Eine typische Schnallenform aus der zweiten Hälfte des 5. Jhs., allenfalls durch die mugeligen einlagen auf dem rand aus der »Masse« herausgehoben. die Funktion ist nicht sicher zu bestimmen, denkbar wäre, dass die Schnalle zur aufhängung des Saxes gedient hat. Für die aufhängung der schmalen Langsaxe liegen bislang keine eingehenden untersuchungen vor. Befunde mit kleinen eisenschnallen, die eine schräge Trageweise nahelegen, sind aus eschborn (Main-Taunus-kreis / d) Grab 9 bekannt 78. ein weiterer Befund aus aldingen (Lkr. Ludwigsburg / d) Grab 7 mit zwei eisenschnallen deutet ebenfalls auf eine Zweipunktaufhängung hin 79. ein klarer Befund ist für den »dolch« aus Brut (resp. Severno-ossetinskajs / ruS) kurgan 2 überliefert. er war mit drei Schnallen gegürtet 80. ament 1970, 94 f. (mit weiterer Lit.). – Quast 1993, 59 abb. 33. Horedt / Protase 1972,192 Taf. 39, 1-2. 78 ament 1992, 58 abb. 3. 79 Schach-dörges 2004, 60. 67. 80 kat. Mannheim 2001, 46. 125 mit a.3.1 (Befund). – Ähnlich rekonstruiert wird eine aufhängung aus dem leider ohne Befund76 77 180 27. schnalle mit nierenförmigem Laschenbeschlag Taf. 15, 4 Gold, Beschlag mit nierenförmiger Granateinlage, auf dem Beschlagrand drei Goldniete. Seit 1831 verschollen. L. (nach Abb. bei Chiflet) 2,6 cm, B. 1,9 cm. Lit.: Chiflet 1655, 236. – Cochet 1859, 241 Abb. 1. – dumas 1975, 34 Taf. 8, B. – Böhner 1981, 453 abb. 135, 10. – dumas 1982, nr. J. Kommentar: Die Schnalle wurde von Böhner dem Taschenbügel (nr. 6) zugeordnet 81. denkbar wäre aber auch eine Zuweisung zur Saxaufhängung (vgl. nr. 15) oder eine andere Funktion. 28. schnalle mit rechteckigem Beschlag Taf. 15, 5 Gold, dornschild und Beschlag mit je einer rechteckigen Granateinlage, Beschlag und Bügel vermutlich mittels Lasche verbunden (nicht erkennbar auf der abbildung), auf der rückseite rechteckiger durchzug, der anscheinend mit einem dorn versehen ist. Seit 1831 verschollen. B. Bügel (nach Abb. bei Chiflet) 2,6 cm. Lit.: Chiflet 1655, 236. – Cochet 1859, 241. – Dumas 1975, 34 f. Taf. 8, F. – Böhner 1981, 455 abb. 137, 10. – dumas 1982, nr. J. Kommentar: Zu der Schnalle sind mir keine Parallelen bekannt. der rechteckige Beschlag zeichnet sich auf der rückseite durch einen durchzug aus, der anscheinend mit einem dorn zur Fixierung des Gurtes versehen war. damit würde es sich um eine »doppelschnalle« handeln. am besten wäre eine solche Schnalle an der Gürteltasche zu verwenden: Die Rückseite mit dem Durchzug könnte zur Befestigung am Leibgurt dienen, die eigentliche Schnalle zum Verschließen der Tasche 82. die Interpretation ist allerdings hypothetisch, solange analogien zu dem objekt fehlen. 29. schnalle Taf. 15, 6 Gold. Seit 1831 verschollen. B. (nach Abb. bei Chiflet) 2,3 cm. Lit.: Chiflet 1655, 236. – Cochet 1859, 242. – Dumas 1975, 35 Taf. 8, G. – Böhner 1981, 458 abb. 137, 38. – dumas 1982, nr. J. Kommentar: Vergleichbare, schlichte Schnallen sind in einiger Zahl bekannt. aus dem zweiten Grab von apahida (jud. cluj / ro) stammen zwei goldene exemplare, deren Funktion sich aber nicht bestimmen lässt 83. In Blučina (okr. Brno-venkov / cZ) fanden sich zwei silberne Schnallen im beobachtung überlieferten »Volnikovka-Schatz«: Kat. Moskau 2014, 26. 81 Böhner 1981, 453. 82 Vgl. Brown 1977, 459 abb. 5. 83 Horedt / Protase 1972, 204 Taf. 48, 1-2. D. Quast · die Grabbeigaben – ein kommentierter Fundkatalog Bereich der Füße des Toten – zusätzlich zu den Schuhschnallen 84. 30. runder, hohler beschlag Taf. 15, 7-8 Gold, cloisonniert, an der Basis der relativ hohen außenzarge feiner Perldraht, im Inneren Steg aus Golddraht, in der Mitte etwas einziehend. original erhalten. dm. 1,41,5 cm (Basis verformt), H. 0,6 cm. Gew. 6,28 g. Lit.: Chiflet 1655, 226. – Cochet 1859, 195 Abb. 6. – dumas 1975, 35 f. nr. c18 Taf. 9, 18. – Böhner 1981, 455 Taf. 31, 5d. – dumas 1982, nr. 11. Kommentar: Der kleine Knopf weist auf der Rückseite im Inneren (!) einen Steg auf. es handelt sich daher nicht um einen riemenschieber. er musste mit einer Lederschlaufe befestigt werden. Wahrscheinlich diente er als Zierknopf für die Schwertperle. aber auch diese Interpretation muss hypothetisch bleiben. 31. beschlag mit stegöse Taf. 15, 9 Gold, Schauseite und Seiten mit Granateinlagen. Seit 1831 verschollen. Dm. (nach Abb. bei Chiflet) 2,5 cm, L. Stegöse 1 cm. Lit.: Chiflet 1655, 226. – Cochet 1859, 195 Abb. 2-3. – dumas 1975, 37 f. Taf. 4. – Böhner 1981, 449 f. abb. 133, 1. – dumas 1982, nr. k (links). Kommentar: Holger Arbman und ihm folgend Kurt Böhner haben den Beschlag als knauf des Saxes interpretiert 85. allerdings ist ein vergleichbarer scheibenförmiger knauf bislang unbekannt. auch die Stegöse erscheint für eine Befestigung an einer Griffangel ungeeignet. Stegösen sind im 6. und 7. Jh. regelhaft an mediterranen Gürtelschnallen zu inden. Sie dienten zu einer reversiblen Fixierung des Metallbeschlags auf dem Gürtelleder 86. Zwar weisen die Stegösen dieser Schnallen nur ein Loch auf und sind dementsprechend etwas kürzer, doch wäre für den Beschlag aus dem childerichgrab auch eine Befestigung oder »Vernietung« mehrerer Lagen organischen Materials denkbar. 32. runder beschlag mit schlaufe Taf. 15, 11 auf der rückseite, Gold, cloisonniert, am rand umlaufend mugelige (?) Granateinlagen. Seit 1831 verschollen. dm. (nach Abb. bei Chiflet) 1,5 cm. Lit.: Chiflet 1655, 226. – Cochet 1859, 195 Abb. 5. – dumas 1975, Taf. 9, d. – Böhner 1981, 448 abb. 132, 8. – dumas 1982, nr. k. Kommentar: Böhner hat den Beschlag als Zierknopf der Schwertperle interpretiert 87. aufgrund der mugeligen Tihelka 1963, 479 abb. 10, 1. 3. arbman 1947-1948, 119 abb. 23. – Böhner 1981, 449 f. 86 Werner 1984, 21 anm. 80. einlagen am rand würde der kleine knopf aber eher zur Saxgarnitur passen. eine sichere Interpretation ist jedoch nicht möglich. 33. beschlag Taf. 15, 13 Gold, Granateinlagen, auf dem oberen rechteckigen Teil anscheinend stabförmige einlagen, naht zwischen Zargen und Grundplatte mit feinem Perldraht verziert, auf der rückseite rechteckiger durchzug. Seit 1831 verschollen. B. (nach Abb. bei Chiflet) 1,9 cm. Lit.: Chiflet 1655, 226. – Cochet 1859, 438. – Dumas 1975, Taf. 9, e. – Böhner 1981, 455 abb. 137, 2. – dumas 1982, nr. k. Kommentar: Vergleichbare Beschläge sind in einiger Zahl aus den reichen kriegergräbern der Zeit zwischen 460 und 510 bekannt. Sie werden im allgemeinen mit der aufhängung des Saxes in Verbindung gebracht, doch ist der aufgrund des durchzugs mit ca. 0,8 cm Breite zu rekonstruierende riemen relativ schmal 88. 34. runder riemenschieber Taf. 15, 12 Gold, Schauseite cloisonniert, Seite mit stabförmigen almandinen, auf der rückseite anscheinend rechteckiger durchzug. Seit 1831 verschollen. dm. (nach abb. bei Chiflet) ca. 2,3 cm. Lit.: Chiflet 1655, 226. – Cochet 1859, Abb. 1. – Dumas 1975, 37 Taf. 9, a. – Böhner 1981, abb. 137, 6. – dumas 1982, nr. k. Kommentar: Der runde Riemenschieber ähnelt aufgrund der einlagen der Gürtelschnalle (nr. 5). der durchzug ist aber nur für einen max. 2 cm breiten Gurt gemacht, sodass der Schieber kaum zum Leibgurt gehörte, lässt doch die Beschlagbreite der Schnalle auf einen fast 3 cm breiten Gürtel schließen. Wo der runde riemenschieber angebracht war, bleibt unklar. Vergleichbare runde Gürtelbeschläge sind aber in einiger anzahl aus dem Mittelmeergebiet bekannt 89. 35. achtförmiger riemenschieber Taf. 15, 14 Gold, cloisonniert, am rand umlaufend mugelige Granateinlagen, auf der rückseite anscheinend zwei rechteckige durchzüge. Seit 1831 verschollen. L. (nach abb. bei chifflet) 3,2 cm. Lit.: Chiflet 1655, 226. – Cochet 1859, 195 Abb. 4. – dumas 1975, Taf. 9, B. – Böhner 1981, 455 abb. 137, 7. – Dumas 1982, Nr. K. Kommentar: Wo der Riemenschieber angebracht ist, ist unklar; denkbar wäre die Saxaufhängung (vgl. nr. 15). Böhner 1981, 448. Zuletzt Quast im druck b, nr. IV.87. 89 Quast 1996. 84 87 85 88 das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 181 36. schildförmiger beschlag Taf. 15, 10 Gold, Schauseite und Seiten mit Granateinlagen, augen der Vogelköpfe anscheinend eingeschliffen und mit Golddraht ausgelegt, sechs Goldniete. Seit 1831 verschollen. L. (nach Abb. bei Chiflet) 7,5 cm, B. 4,1 cm. Lit.: Chiflet 1655, 204. – Cochet 1859, 291. – Dumas 1975, 39 nr. c21 Taf. 9, H. – Böhner 1981, 444 f. abb. 132, 7. – dumas 1982, nr. c. Kommentar: Der von Chiflet noch als »extremus Balthei ornatus« angesprochene Beschlag wird seit den arbeiten kurt Böhners zum childerichschwert als ortbeschlag der Spathascheide interpretiert 90. Man könnte beim derzeitigen Forschungsstand ebenso gut an einen Saxknauf denken 91, wie gerade ein gut dokumentierter Befund aus Zaragij (resp. kobardino-Balkaria / ruS) Grab 118 (abb. 4) und der altbekannte Sax aus Pouan (dép. aube / F) nahelegen 92. BIBlIOgraphIe Quellen einhardi Vita karoli Magni. Post G. H. Pertz rec. G. Waitz. MGH SS 7 = MGH SS rer. Germ. 25 (Hannoverae 61911). Fredegar, chronicarum quae dicuntur Fredegarii scholastici libri IV cum continuationibus. ed. B. kusch. MGH SS rer. Merov. II (Hannoverae 1888). Gregor von Tours, Historiae: Gregorii episcopi Turonensis libri historiarum X. ed. B. kusch / W. Levison. MGH SS rer. Merov. 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Tafel 2 1 2 3 4 Tournai, Childerichgrab: 1 Gürtelschnalle, Gold mit Granateinlagen (kat.-nr. 5). – 2 Taschenbügel, Gold mit Granateinlagen (Kat.-Nr. 6). – 3-4 Schuhschnallen, Gold mit Granateinlagen (Kat.-Nr. 7-8). – (1. 3-4 nach Chiflet 1655, 236; 2 nach Chiflet 1655, 226). – M. 1:1. das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 187 Tafel 3 1a 1a 1b 1b 1d 1c 1d Tournai, Childerichgrab: 1 Spatha, Griffpartie, Gold, außer c mit Granateinlagen (kat.-nr. 9). – a knauf; b knaufstange; c Goldgriff; d Parierstange. – (Fotos RGZM). – M. 1:1. 188 D. Quast · die Grabbeigaben – ein kommentierter Fundkatalog Tafel 4 1 2 Tournai, Childerichgrab. Detailaufnahmen: 1 Oberseite der Knaufplatte (Kat.-Nr. 9b). – 2 Unterseite der Knaufplatte (Kat.-Nr. 9b). – 3 Goldblech des Griffs mit Lötnaht (Kat.-Nr. 9c). – (Fotos rGZM). 3 das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 189 Tafel 5 1 2 3 4 Tournai, Childerichgrab. Detailaufnahmen der Parierstange (Kat.-Nr. 9d): 1 Schrägaufnahme. – 2 unterseite. – 3 oberseite. – 4 außenkante mit Flechtband. – (1 Foto rGZM; 2-4 nach arbman 1947-1948, 105 f. abb. 6-8). 190 D. Quast · die Grabbeigaben – ein kommentierter Fundkatalog Tafel 6 1a 1b 1c 1d 4a 5 2 4b 6 3 Tournai, Childerichgrab: Beschläge der Spathascheide. – 1 Mundblech, Gold mit Granateinlagen (kat.-nr. 10a); 2-3 riemendurchzüge, Gold mit Granateinlagen (kat.-nr. 10b); 4-6 ortbandfragmente, Bronze, vergoldet mit Granateinlagen (kat.-nr. 10c). – (1. 4 nach dumas 1975, Taf. 2, 6; 3, 5. – 2-3. 5-6 nach Chiflet 1655, 194. 226). – M. ca. 1:1. das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 191 Tafel 7 1a 1b 2a 2c 3a 2b 3b 6 7 8 4a 4b 5a 5b 9 Tournai, Childerichgrab: Beschläge vom Schwertgurt, Gold mit Granateinlagen. – 1 Schnalle (kat.-nr. 11a); 2 Stierkopf (kat.-nr. 11e); 3-5 d-förmige Beschläge (kat.-nr. 11b); 6-7 vierpassförmige Beschläge (kat.-nr. 11c); 8 riemenendbeschlag (kat.-nr. 11d); 9 detail von 3a. – (1b nach kat. Mannheim 2001, 173 abb. 4.16.3.2; 3a.b nach dumas 1975, Taf. 9, 19; 9 Foto RGZM, sonst nach Chiflet 1655, 141. 226. 236). – 1-8 M. ca. 1:1. 192 D. Quast · die Grabbeigaben – ein kommentierter Fundkatalog Tafel 8 1 3 7 8 13 14 2 4 9 15 5 6 10 11 12 16 17 18 19-22 23-26 Tournai, Childerichgrab: bienenförmige Beschläge vom Spathagurt, Gold mit Granateinlagen (Kat.-Nr. 11f). – (1-2 nach Dumas 1975, Taf. 6, 14-15; 3-18 nach Chiflet 1655, 141; 19-26 nach Chiflet 1655, 322). – 1-18 M. 1:1, 19-26 M. 2:1. das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 193 Tafel 9 1 2 3 4 Tournai, Childerichgrab: Beschläge der Saxscheide, Gold mit Granateinlage (Kat.-Nr. 14), Unterseite vom Ortband mit einer Achateinlage. – (Fotos RGZM). – M. 1:1. 194 D. Quast · die Grabbeigaben – ein kommentierter Fundkatalog Tafel 10 1 2 3 Tournai, Childerichgrab: Beschläge der Saxscheide (Kat.-Nr. 14), Detailaufnahmen. – (Fotos RGZM). das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 195 Tafel 11 2 1 3 Tournai, Childerichgrab: 1 Lanzenspitze, eisen (kat.-nr. 16). – 2 Schildbuckelfragment, eisen (kat.-nr. 17). – 3 Franziska, eisen (kat.-nr. 18). – (3 Foto RGZM; sonst nach Chiflet 1655, 210. 218. 224). – M. 1:1. 196 D. Quast · die Grabbeigaben – ein kommentierter Fundkatalog Tafel 12 1 2 3 4 5 Tournai, childerichgrab. abdrücke des Siegelrings (2-5 abdrücke vom originalring; 1 vermutlich Abdruck einer Kopie): 1 RGZM. – 2 Ashmolean Museum oxford. – 3 British Museum London. – 4 Bibliothèque Sainte-Geneviève, Paris. – 5 Musée departmental dobrée, nantes. – (1 Foto V. Iserhardt, RGZM; 2 nach MacGregor 1999, 161 Abb. 7; 3-5 nach Salün 2008, 221 Abb. 10-12). – 1 M. 1:1, sonst o. M. das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 197 Tafel 13 1 2 3 4 6 7 8 5 9 Tournai, Childerichgrab: 1 Siegelring (kat.-nr. 19); 2 abdruck vom Siegelring; 3 nachbildung des Siegelringes im rGZM; 4-5 Bergkristallkugel (kat.-nr. 20); 6-9 Silbermünzen (kat.-nr. 22). – (3 Foto V. Iserhardt, rGZM; 5 nach kat. aachen 2014, 70 abb. 069; sonst nach Chiflet 1655, 96. 243. 271). – 1. 4-9 M. ca. 1:1, 2-3 vergrößert. 198 D. Quast · die Grabbeigaben – ein kommentierter Fundkatalog Tafel 14 13 14 Tournai, Childerichgrab: Solidi (Kat.-Nr. 21). – (1-12 nach Chiflet 1655, 252; 13-14 nach Dumas 1975, Taf. 7, 11-12). – M. 1:1. das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 199 Tafel 15 1 3 2 4 5 7a 8a 6 9a 7b 8b 9b 11b 11a 13 12 14 19 Tournai, Childerichgrab: 1 Goldnadel (kat.-nr. 24); 2-14 Schnallen und Beschläge, deren ursprüngliche Funktion unklar ist, Gold mit Granateinlagen (2 kat.-nr. 25; 3 kat.-nr. 26; 4 kat.-nr. 27; 5 kat.-nr. 28; 6 kat.-nr. 29; 7-8 kat.-nr. 30; 9 kat.-nr. 31; 10 kat.-nr. 36; 11 kat.-nr. 32; 12 kat.-nr. 34; 13 kat.-nr. 33; 14 Kat.-Nr. 35). – (8 nach Dumas 1975, Taf. 9, 18; sonst nach Chiflet 1655, 204. 226. 236). – M. ca. 1:1. 200 D. Quast · die Grabbeigaben – ein kommentierter Fundkatalog Tafel 16 Tournai, Childerichgrab. 1980 im RGZM kolorierte Abbildung der Spatha- und Saxbeschläge aus der Publikation von Chiflet 1655 (Falttafel zwischen S. 202 und 203). – Leicht verkleinert (Maße des außenrahmens 18,0 cm × 29,3 cm). Tafel 17 Tournai, childerichgrab. 1980 im rGZM kolorierte abbildung des Taschenbügels sowie weiterer Beschläge aus der Publikation von Chiflet 1655 (Tafel auf S. 226). – M. ca. 1:1. 202 D. Quast · die Grabbeigaben – ein kommentierter Fundkatalog Tafel 18 Tournai, childerichgrab. 1980 im rGZM kolorierte abbildung des kolbenarmringes und einiger Schnallen aus der Publikation von Chiflet 1655 (Tafel auf S. 236). – M. ca. 1:1. das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 203 Tafel 19 Tournai, childerichgrab. 1980 im rGZM kolorierte abbildung der bienenförmigen Beschläge und der Stierkopfapplikation vom Spathagurt aus der Publikation von Chiflet 1655 (Tafel auf S. 141). – M. 1:1. 204 D. Quast · die Grabbeigaben – ein kommentierter Fundkatalog Tafel 20 Tournai, childerichgrab. nachbildungen aus dem rGZM. – (Foto V. Iserhardt, rGZM). Tafel 21 206 D. Quast · die Grabbeigaben – ein kommentierter Fundkatalog Tournai, childerichgrab. nachbildungen aus dem rGZM. – (Foto V. Iserhardt, rGZM). Tafel 22 Tournai, childerichgrab. nachbildungen aus dem rGZM. – (Foto V. Iserhardt, rGZM). das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 207 dIeTer QuaST Der vater, eIN fräNkIScher köNIg Im gallIeN DeS 5. JahrhuNDertS vOm kaISer aufgegeBeN: gallIeN Im 5. JahrhuNDert das Grab des fränkischen königs childerich ist ein Schlüsselfund der frühgeschichtlichen archäologie. Wichtiger als das Grab mit seinen Beigaben ist allerdings das Bestattungsritual, das von seinem Sohn chlodwig inszeniert wurde. er prägte damit das Bild seines Vaters für die Teilnehmer bzw. Gäste der Feierlichkeiten und letztlich damit auch für die heutigen archäologen. chlodwig ist der agens, childerich lediglich der patiens. um die Beweggründe chlodwigs zu verstehen, die ihn zu genau diesem Handeln geführt haben, ist es hilfreich, den historischen kontext etwas zu beleuchten. dieser bildet natürlich auch den rahmen für childerichs Herrschaft. Bernhard Jussen hat in mehreren Beiträgen den Verfall der kaiserlichen Macht in Gallien und die Transformation hin zum frühmittelalterlichen königtum analysiert 1. Hauptakteure in diesem Prozess waren die alten eliten, die sich mit der Besetzung der Bischofsämter eine neue Machtbasis schufen, und die neuen militärischen eliten, besonders die Heermeister. Während Jussen sich intensiver mit den alten eliten befasst hat, analysierte egon Flaig den Machtzuwachs der Heermeister im ausgehenden 4. und 5. Jahrhundert, der einen weitreichenden Machtverlust der kaiser gerade in Gallien bedingte 2. den ausgangspunkt für diese Transformation sehen Flaig und Jussen in einem ereignis des Jahres 390. der Franke arbogast – eventuell der Sohn des magister militum Bauto – hatte nach dessen Tod das Heermeisteramt übernommen, indem er sich von seinen Truppen dazu hatte ausrufen lassen 3. die entlassungsurkunde, die ihm Valentinian II. in seinem Palast in Trier übergab, warf er ihm vor die Füße. Zwei Jahre später stellte arbogast den kaiser in Vienne unter Hausarrest, wo man Valentinian dann am 15. Mai 392 erhängt fand. arbogast setzte einen neuen kaiser – eugenius – im Westen ein 4. Fortan waren die Heermeister die entscheidenden Machtfaktoren im Westen, das amt wurde gelegentlich sogar vererbt 5. es beruhte nicht mehr auf der Gunst des kaisers, sondern auf der Loyalität der Truppen ihm gegenüber. der kaiser hatte weitgehend die kontrolle über seine armee verloren und damit sein wichtigstes Machtmittel. er hatte seine politischen Gestaltungsmöglichkeiten eingebüßt. Im 5. Jahrhundert betrat kaum noch ein römischer Kaiser Gallien. Das Heermeisteramt hingegen verselbstständigte sich und proilierte sich als eigenständige Institution 6. Für Flaig ist dieser Wandel so tiefgreifend, dass er »den einheitlichen Begriff der Spätantike und einer spätantiken Staatlichkeit für den römischen Westen zur disposition stellt«. er unterteilt die Spätantike in eine erste Phase von diokletian bis zur erhebung arbogasts zum Heermeister. die zweite Phase reicht bis zum ende des kaisertums im Westen, und stellt ein neues politisches System dar, »in welchem der kaiser nicht mehr herrschte, sondern nur noch nominelles oberhaupt war; die faktische Macht übten Heermeister Jussen 1995; 1998; 2007. Flaig 2005. 3 demandt 1970, 600. 607-610. – Jones / Martindale / Morris 1971, 95-97 (arbogastes); 159 f. (Flavius Bauto). – Heinzelmann 1982, 558 (arbogastes 1); 570 (Flavius Bauto). – Becher 2009, 1 2 167 f. – kritisch zur ausrufung arbogasts durch die Truppen: Börm 2013, 34. 4 Zu den Ereignissen vgl. Demandt 2007, 165 f. – Nonn 2010, 56. 5 demandt 2007, 210. 6 Flaig 2005, 7. das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 227 abb. 1 Monza, kathedrale. StilichoDiptychon. – (Nach Volbach 1976, Taf. 35). – H. 32,2 cm. aus« 7. Es ist schon ausreichend, die Namen einiger der magistri militum zu nennen, etwa alarich, Stilicho, aëtius und ricimer, um diesen Machtwandel zu unterstreichen 8. das gesteigerte Selbstbewusstsein der Heermeister im Westen drückt sich auch in der bildlichen repräsentation aus. Stilicho etwa ist auf einem diptychon als Militär dargestellt (abb. 1). der magister militum per orientem aerobindus hingegen lässt sich in seiner zivilen amtstracht abbilden (abb. 2) 9. Der Verfall der kaiserlichen Macht bzw. der Rückzug der Zentralgewalt aus Gallien hatte natürlich weitreichende Folgen für die dortigen eliten, die bis dahin vom kaiserhof legitimiert worden waren. des zentralen Bezugspunktes beraubt, mussten sie sich auf lokaler ebene neue politische Strukturen schaffen, was ihnen sehr erfolgreich gelang: »Sie hatten die kirche als neues Bezugssystem politischer Legitimation entdeckt und das zentrale kirchliche amt in den Städten Galliens, das des Bischofs, umfunktioniert zu einem politischen amt der Stadtregierung« 10. doch sollte man sich diesen Transformationsprozess keinesfalls so einfach vorstellen. Für die Akteure in Gallien wurde der Zusammenbruch der politischen Ordnung durch weitere unsicherheiten gesteigert. Bagaudenaufstände 11, durchziehende Heere – egal ob im dienste roms stehend oder nicht – mussten versorgt werden; oftmals geschah dies durch Plünderung. Neben den zahlreichen Heermeistern gab es weitere Militärführer, die lokale Herrschaften errichtet hatten. Sie alle handelten ohne (oder zumindest ohne ernst zu nehmende) Unterstützung des Kaisers, waren ihm auch nicht verplichtet, sondern agierten im eigenen Sinne. Man würde sie heute als »warlords« bezeichnen, Gallien als raum begrenzter Staatlichkeit, wiederum Jussen folgend 12. ebenda 10. demandt 1970. – MacGeorge 2002. – ausbüttel 2007, 73-87 mit weiterer Lit. – Janßen 2004; vgl. dazu Stickler 2005; 2002. – anders 2010. 9 Volbach 1976, 33 Nr. 10; 55 f. Nr. 63 Taf. 5. 35. 10 Jussen 2014, 26 f. – diefenbach 2013. – kritisch zur regelhaftigkeit senatorischen adels in den Bischofsämtern Patzold 2014. 7 11 8 12 228 drinkwater 1992. – demandt 2007, 370 f. – Lambert 2013. MacGeorge 2002. – Jussen 2007, 144 f. – risse 2005. – risse / Lehmkuhl 2006. – Jussen 2014, 39 »aus politikwissenschaftlicher Sicht Warlord-System«. Vgl. allg. zum Begriff des »warlord« Münkler 2002, 33-36 (mit Lit.). D. Quast · der Vater, ein fränkischer könig im Gallien des 5. Jahrhunderts Der Franke Arbogast war nicht der einzige »Nichtrömer«, der im spätantiken Militär karriere gemacht hatte. Bekannterweise bot die spätantike armee aufstiegschancen für »eliten mit Migrationshintergrund«. Gerade in Gallien ist im 4. Jahrhundert bis ca. 360 ein hoher Anteil an alamannischen Ofizieren nachzuweisen, die danach aber von Franken abgelöst werden 13. In dieser Gruppe sind auch drei Merobaudes überliefert (Merobaudes I.: magister peditum praesentalis, 363, † 383 – Merobaudes II.: dux Aegypti, 383 – Merobaudes III.: magister utriusque militae, ± 442/443). Sie tragen ebenso wie ein im frühen 4. Jahrhundert genannter Frankenkönig Merogaisus das Bestimmungswort »Mero-« in ihrem Namen, das vermuten lässt, dass sie zu einem Zweig der ältesten Merowinger gehört haben 14. die fränkischen eliten waren seit dem 4. Jahrhundert fest integriert im römischen Heer und im reichsgebiet ansässig 15. In ihren Funktionen haben sie einblicke in organisation und Verwaltung erhalten. Sie werden sich sicherlich nicht als Fremde betrachtet haben, auch wenn es Konlikte mit den alten reichseliten gab. »die Franken waren einerseits fest in der römischen Welt verankert und zu einem Teil von ihr geworden«, beschreibt Matthias Becher die historische Situation 16. Grabsteine zeigen das Bemühen dieser Menschen, sich an ihr (neues) umfeld anzupassen. aus dem südlichen Gräberfeld von Trier stammt ein Grabstein für den knaben Merabaudis, der im späten 4. oder 5. Jahrhundert im alter von knapp zwei Jahren verstarb (abb. 3). HIC QVI VIXIT MERBAVDIS IN PACE QVI VIXIT ANNO ET ME(NSES) XI. PATRIS DVLCISSIM(I TI)VLV(M) P[OSVERVN] lautet die Inschrift. Trotz einiger Irrtümer und der verballhornten einleitungsformel (»qui vixit« statt »hic quiescit«) zeigt nur der Name die fremde Herkunft des Bestatteten bzw. seiner eltern an 17. auch ein epigraphisches Zeugnis aus Pannonien verdeutlicht die Mentalität dieser Menschen. Ohne Namen, aber mit Angabe seiner gens wurde im 4. Jahrhundert ein Germane in Budapest verewigt. Seine Selbstbenennung als Franke sollte wohl die eigene abstammung und eine abb. 2 Paris, Musée cluny. aerobindus-diptychon. – (Nach Volbach 1976, Taf. 5 Nr. 10). – lange Genealogie kennzeichnen. die 2,38 m lange Inschrift lautet: H. 38,8 cm. FRANCVS EGO CIVES ROMANVS MILES IN ARMIS. EGREGIA VIRTVTe TVLI BeLLo Mea deXTera SeM(P)er (abb. 4). dieses denkmal bietet zusätzlich zu der Inschrift noch eine bildliche darstellung des »Francvs«, auf der unterseite des Steines. er trägt seinen römischen Militärmantel, den sagum, auf der rechten Schulter mit einer Zwiebelknopfibel geschlossen. Nichts an dieser Darstellung lässt an einen Barbaren denken 18. Martin 1997. – Geuenich 2014. Ewig 1991, 22 f. – Zu weiteren frühen Namen mit dem Bestimmungswort »Mero-« vgl. Becher 2011, 114. 15 auf die Frage nach einem möglichen oder unmöglichen archäologischen Nachweis fränkischer Einwanderer braucht hier nicht eingegangen zu werden. Nur einige Zitate anstelle vieler geben dem Interessierten einen einblick: Fehr 2010. – Böhme 13 14 2009. – Schmauder 2012, außerdem einige Aufsätze in Taayke u. a. 2003 (alle jeweils mit ausführlicher Literaturliste). 16 Becher 2011, 71. 17 Kat. Trier 1984, 222 f. Nr. 106. – Kat. Mannheim 1997, 864 f. Nr. 15. 18 Desjardins / Rómer 1873, Taf. 30. – Nagy 2007, 174. – Quast 2015, 306 abb. 1. das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 229 doch zurück nach Gallien. In der Mitte des 5. Jahrhunderts verschärfte sich die Situation dort erneut. Zunächst kam es zum Einfall Attilas und zur Schlacht auf den katalaunischen Feldern (451), wenig später zur ermordung des aëtius (454). einhergehend damit folgt anscheinend die aufgabe der Grenzverteidigung am rhein. Hatte man lange Zeit vermutet, bereits die Überschreitung des Flusses durch die suebisch-alanischvandalische konföderation im Winter 406/407 hatte zu einem Zusammenbruch der Grenzlinie geführt, so haben archäologische ausgrabunabb. 3 Trier, St. Matthias. Grabinschrift für den knaben Merabaugen, besonders im kastell von alzey (Lkr. alzeydis. – (Nach Kat. Trier 1984, 223 Nr. 106). – B. 27 cm. Worms), gezeigt, dass die Militäranlagen bis zur Mitte des 5. Jahrhunderts genutzt wurden 19. Auch die als Vorfeldsicherung angelegten Höhensiedlungen in der Alamannia brechen in dieser Zeit z. T. ab, oder machen zumindest einen deutlichen Strukturwandel durch. die mit der Grenzsicherung Beauftragten mussten sich neue aufgaben suchen bzw. sich neu organisieren 20. die Grenzen nach Gallien waren nun vollends offen. Es ist wohl kein Zufall, dass in den folgenden Jahrzehnten plündernde Alamannen unter einem ihrer Könige – Gebavult – bis nach Troyes einielen 21. gallIeN zur zeIt chIlDerIchS: BegreNzte StaatlIchkeIt – kONkurrIereNDe »warlOrDS« In diesem zeitlichen kontext wächst childerich auf und beerbt seinen Vater Merowech, ohne dass präzise Daten bekannt sind; die schriftliche Überlieferung für Childerich ist generell sehr dünn 22. Man kann aus den Quellen nur die unterschiedlichen akteure herauslesen, die z. T. miteinander, z. T. gegeneinander agierten 23. Sie hatten zumeist nur einen regionalen aktionsradius und verfügten lediglich über lokale Macht. Von außen sind kriegerische Einfälle der Sachsen und der Alamannen erwähnt, ebenso Kämpfe Childerichs und aegidius‘ gegen die Westgoten, für aegidius auch auseinandersetzungen mit den rheinfranken und den Burgundern 24. Für Childerich bedeutender waren wohl die Konlikte innerhalb Galliens. Gregor von Tours beschreibt ein achtjähriges exil bei den Thüringern und nennt als Grund childerichs wiederholte Vergewaltigungen 25. Während dieser Zeit stellten sich die Salfranken als Föderaten unter den Oberbefehl des Heermeisters aegidius 26. Aegidius und Childerich standen in dieser Zeit, ca. 456, in einem Konkurrenzverhältnis. David Frye hat dies klar herausgestellt und geht davon aus, dass dieser Konlikt auch nach Childerichs Rück- 19 20 21 22 23 24 oldenstein 1994; 2009, 309-352. Quast 2008, 313-319. Geuenich 1997, 74 f. Vgl. hierzu und zum Folgenden den Beitrag Hardt in diesem Band. Vgl. Beitrag Hardt in diesem Band. Geuenich 1997, 74 f. – Springer 2004, 52-55. – Nonn 2010, 97. 230 Gregor von Tours, Historiae II, 12. – Wirth 1999, 96 deutet an, dass eine Teilnahme childerichs an der Schlacht auf den katalaunischen Feldern aufseiten der Hunnen ein Grund für die exilierung gewesen sein könnte. 26 Schneider 1972, 66-69. – ewig 1991, 47-49. – Jarnut 1994. – Börm 2013, 127. – Zu den Saliern als fränkischer Teilstamm vgl. Springer 1997. – Nonn 2010, 25-28. 25 D. Quast · der Vater, ein fränkischer könig im Gallien des 5. Jahrhunderts 1 abb. 4 Budapest. Grab(?)stein mit Inschrift auf der Schauseite (1) und männlicher Büste auf der unterseite (2). – (1 nach desjardins / Rómer 1873, Taf. 30; 2 nach Nagy 2007, 174). – B. 2,38 m. 2 kehr keinesfalls überwunden war 27. die rückkehr childerichs erfolgte sicherlich mit einer schlagkräftigen kriegergruppe, um sich wieder an die Spitze der Salfranken setzen zu können. 461 sagte sich aegidius nach der Ermordung des Kaisers Maiorian von der Zentralregierung los. Frye hält es für möglich, dass in den folgenden Jahren childerich der »kandidat« des römischen reiches war und in dessen auftrag handelte 28. So wahrscheinlich diese darstellung erscheint, sie beruht auf einer dünnen, unsicheren Quellenbasis. andere Historiker gehen davon aus, Childerich sei an der Seite von Aegidius und seines Nachfolgers, des »comes« Paulus, in kämpfe gegen die Goten verwickelt gewesen. eugen ewig betont, dass childerich diese aktionen als föderierter General durchführte, nicht als könig von Tournai 29. ewig hält das achtjährige exil childerichs für eine wenig wahrscheinliche Legende, die durch seine Heirat mit der Thüringerin Basena, der Mutter chlodwigs, angeregt sei 30. auch wenn die Schriftquellen raum für unterschiedliche Interpretationen bieten, so ist doch deutlich, dass Gallien zu Lebzeiten childerichs aus verschiedenen Herrschaftsgebieten miteinander konkurrierender Heeresführer bestand und zusätzlich kriegerischen Einfällen von außen ausgesetzt war. Diese Herrschaftsgebiete – nicht zuletzt jenes von childerich mit einer der schlagkräftigsten armeen – waren sicherlich auch anziehungspunkt für zahlreiche Krieger von außen. Eine gewisse Ordnung über diese lokalen Räume hinweg schafften die alten eliten durch den ausbau des Bischofsamtes zu einem politischen amt der Stadtregierung. Frye 1992. – Vgl. auch Springer 2004, 52-55 (zu den Sachsen, Thüringern und odowakar / odoakar) und Halsall 2007, 303 f. 28 Frye 1992, 8 f. 27 29 30 ewig 1993, 16 f. – James 1988, 65. – Wood 1994, 40 f. Ewig 1991, 49. – Nonn 2010, 100. das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 231 chIlDerIch Im SpIegel SeINer graBBeIgaBeN auch die archäologischen Quellen bieten einigen raum für Interpretationen. Beziehungen childerichs zum Römischen Reich lassen sich allerdings deutlich an seinen Grabbeigaben ablesen. Zwar wurde die Grabausstattung von chlodwig zusammengestellt, doch wurden alle Beigaben aus dem Bestand childerichs genommen; keines der objekte wurde extra für die Bestattung angefertigt. die Herkunft der meisten artefakte aus dem childerichgrab aus dem oströmischen reich ist mittlerweile in der Forschung anerkannt. am offensichtlichsten ist das bei den über 100 Solidi der oströmischen kaiser von Theodosius II. (430-443) bis Zeno (476-491). Auch die goldene Zwiebelknopfibel ist den Untersuchungen zum opus interrasile von Bálint László Toth zufolge eine oströmische arbeit aus konstantinopel 31. es handelt sich dabei aber eben nicht um eine Kaiseribel, wie sie bei der Investitur von barbarischen Königen vergeben wurde – Prokop beschreibt zwei solche Amtseinsetzungen –, sondern um eine »Beamtenibel« 32. auch die cloisonnierten Schwert- und Schwertscheidenbeschläge sowie die Gürtelbestandteile werden seit einigen Jahren als mediterrane arbeiten angesehen 33. oben konnte wahrscheinlich gemacht werden, dass der Bügel der Gürtelschnalle und diejenigen der Schuhschnallen aus Meerschaum gefertigt waren, was die ostmediterrane Herkunft dieser Stücke absichert 34. Bei anderen offensichtlich mediterranen arbeiten ist unklar, ob sie nicht auch aus Italien stammen könnten. Das gilt für die Bergkristallkugel, die vor einigen Jahren als oberer Abschluss eines spätantiken Zepters identiiziert werden konnte. Richard Delbrueck hatte bereits 1929 vermutet, dass es eine »militärische Form des Szepters« gegeben habe, denn der magister militum per orientem aerobindus ist auf seinem diptychon (vgl. abb. 2) mit einem solchen objekt dargestellt, allerdings ist er in seiner zivilen amtstracht zu sehen 35. obwohl so viele Funde aus dem childerichgrab aus oströmischen Werkstätten stammen, muss das nicht bedeuten, dass es einen direkten kontakt gab, dass die Münzen beispielsweise das entgelt für den mit dem kaiser geschlossenen Bündnisvertrag (foedus) spiegeln, wie vielfach angenommen wird 36. Für alle Funde ist grundsätzlich eine Vermittlung über Italien zumindest nicht auszuschließen. Aus den Schatzfunden von Reggio Emilia / I und Zeccone (prov. Pavia / I) liegen ebenfalls Prägungen oströmischer Kaiser in großer Zahl vor, die nach Svante Fischer und Lennart Lind aus der östlichen reichshälfte als unterstützung für anthemius in den Westen gelangten 37. Auch Ulrich Nonn hält es für wahrscheinlich, dass die oströmischen Subsidien »über Anthemius (467-472) und Julius Nepos (474/475) an den Frankenkönig« lossen 38. Patrick Périn und Michel kazanski haben auch für die cloisonnéarbeiten childerichs eine Vermittlung, eher sogar eine anfertigung in Italien vermutet 39. es gibt derzeit aber keine Möglichkeit zu erkennen, auf welchem Weg die oströmischen objekte nach Tournai gelangten. Beide genannten Interpretationen haben dieselbe Wahrscheinlichkeit. Wohl kaum ein römisches Produkt ist hingegen der Siegelring, auf dem sich childerich selbstbewusst wie ein Kaiser auf einem Münzbild zeigt mit der Nennung CHILDIRICI REGIS. Der Ring verdeutlicht, wie selbstverständlich dem Heerführer die schriftliche kommunikation war, wie sehr er auch die Verbreitung seines Bildes und seines Herrschaftstitels betrieb. Macht man sich aber bewusst, welchen aufschrei childerichs Enkel Theudebert in Byzanz provozierte, indem er Münzen mit dem eigenen Konterfei und dem Zusatz DN (dominus noster) prägen ließ, statt wie üblich das Kaiserbild zu verbreiten, so wird offenkundig, dass wohl kein Kaiser einen solchen Siegelring für einen barbarischen König fertigen ließ. Toth 2012, 284-288; 295 (Tabelle). daim / Quast 2012, 315 f. 33 Böhme 1994. – So auch schon arrhenius 1985, 102. 34 Vgl. Beitrag Quast, Grabbeigaben in diesem Band. 35 Delbrueck 1929, 62. – Volbach 1976, 32 f. Nr. 8 Taf. 4, 8. r.-alföldi / Stribrny 1998, 37-43. – James 1988, 75. Périn / kazanski 1997, 180. – Fischer / Lind 2015, 14. 18 (mit Lit.). 38 Nonn 2010, 109. 39 Périn / kazanski 1997, 179-182. 31 36 32 37 232 D. Quast · der Vater, ein fränkischer könig im Gallien des 5. Jahrhunderts Insgesamt aber lassen die Beigaben kontakte zum römischen Hof deutlich erkennen. die wichtige rolle, die dem fränkischen könig vonseiten der römischen Verwaltung bzw. des kaisers beigemessen wurde, kann eigentlich nur darauf zurückzuführen sein, dass er nach der Lösung Aegidius’ von der Zentralregierung als deren kandidat galt. er stellte das Gegengewicht zu den Westgoten in Gallien dar, denn in den Schriftquellen sind gerade seine militärischen aktionen gegen diese genannt 40. Bezeichnenderweise wurde sein Sohn chlodwig gerade nach seinem Sieg über die Westgoten bei Vouillé vom oströmischen kaiser anastasius I. (491-518) zum ehrenkonsul ernannt 41. dennoch bleibt die Frage, welche Bedeutung der salfränkische kleinkönig für den kaiser (im Westen oder osten) hatte 42. Für die archäologen ist es sicherlich eines der reichsten frühgeschichtlichen Gräber, doch ohne kenntnis der Bestattung wäre childerich ein unbedeutender »warlord« geblieben. und letztlich macht natürlich chlodwig durch die Bestattung seinen Vater zu dem, was er für die Frühmittelalterarchäologen zu sein scheint. Wie bedeutend die ausrichtung dieser Bestattung für chlodwigs Machtübernahme ist, soll im nächsten kapitel beschrieben werden. Hier soll nur noch ein kurzer Blick auf den reichtum der Beigaben geworfen werden. Sie bestehen aus einer persönlichen ausstattung, die auf eine einmalige Verleihung durch den kaiser bzw. seine Beamten erfolgte, und aus Teilen des königlichen Münzschatzes. So einmalig er erscheint, es waren etwa 100 Solidi, also gut 455 g Gold, also nicht ganz eineinhalb römische Pfund. Das war natürlich nur ein kleiner Teil des Königsschatzes! Interessant ist in diesem Zusammenhang aber zu vergleichen, wie viel Ostrom an Jahrgeldern an die Barbaren an seiner Nordgrenze zahlte 43. attila kiss hat diese Zahlen bereits 1986 zusammengestellt. Die Hunnen erhielten als mächtiger »Störfaktor« an der donaugrenze im Jahr 430 von rom 350 römische Pfund (114,6 kg) Gold, im Jahr 435 wurde die Summe verdoppelt auf 700 Pfund (229,2 kg) und im Jahr 443 auf dem Höhepunkt von attilas Macht auf 2100 Pfund (687,6 kg) plus eine einmalige Zahlung von 6000 Pfund (1964,7 kg). Das Römische Reich war sich der Gefährlichkeit der Hunnen bewusst und zahlte deshalb diese enormen Summen. Nach dem Tode Attilas und dem Zerfall seines Reiches nach der Schlacht am Nedao wurde jedem verbündeten barbarischen Königreich jährlich 100 Pfund (32,7 kg) Gold gezahlt. Für konstantinopel waren das sicherlich »Peanuts«. Die genannten Zahlen relativieren den Wert der Beigaben des Childerichgrabes im internationalen Vergleich sicherlich, auch wenn – wie erwähnt – nur ein wohl geringer Teil des königsschatzes ins Grab gegeben wurde. aber in Gallien ist es trotzdem die reichste Bestattung. Sie enthält 100-mal so viele Goldmünzen wie andere reich ausgestatte Gräber und die Qualität der cloisonnéarbeiten ist einzigartig. Werner 1983, 28. – ewig 1993, 16. – Wood 1994, 38 f. – James 1988, 64-72. – Wolfram 2001, 184 f. 188. – Frye 1992, 9. 41 Becher 2011, 236-239. 42 Für Périn / kazanski 1997, 180 ist die Prämisse, dass childerich für den Kaiser im Osten »einer der Kriegsherren in Nordgallien 40 ohne spezielle Bedeutung« war, ein wichtiges argument für die Interpretation, die objekte aus dem Grab in Tournai würden aus Italien stammen. 43 Zusammenstellung der folgenden Zahlen bei Kiss 1986, 108 f. abb. 1-2. das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 233 lIteratur anders 2010: F. anders, Flavius ricimer. Macht und ohnmacht des weströmischen Heermeisters in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts. europäische Hochschulschr. r. 3, 1077 (Frankfurt a. M. u. a. 2010). arrhenius 1985: B. arrhenius, Merovingian garnet jewellery. emergence and social implications (Stockholm 1985). ausbüttel 2007: F. M. ausbüttel, Germanische Herrscher von arminius bis Theoderich (darmstadt 2007). Becher 2009: M. 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Wood, The Merovingian Kingdoms, 450-751 (London, New York 1994). das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 235 dIeTer QuaST chlODwIg – DIe cODeS Der macht das Grab des fränkischen königs childerich ist so bekannt, dass es nicht nur von archäologen oft behandelt wurde. auch in den Publikationen der Historiker zu den Merowingern wird ihm regelhaft ein kleines kapitel gewidmet 1. Zumeist geht es – und das scheint naheliegend – um Informationen über childerich, die aus den reichen Grabbeigaben abgeleitet werden können. dem wichtigsten akteur bei der Bestattung wird aber in diesem kontext kaum Beachtung zuteil, nämlich seinem Sohn chlodwig 2. dieser inszenierte allerdings die Grablegung und prägt damit letztlich das Bild von seinem Vater in starkem Maße, sowohl für die Teilnehmer der Zeremonie als auch für heutige Wissenschaftler 3. diese Inszenierung soll daher im Folgenden etwas näher rekonstruiert und beschrieben werden. es geht dabei um den Vorgang der Bestattung – nicht so sehr um das Grab. eINe krISeNSItuatION: Der köNIg ISt tOt! die Bestattung childerichs erlaubt es in einmaliger Weise, archäologische Überlegungen zum Thema »Prunkgrab« – und um ein solches handelt es sich zweifellos – mit einer wenn auch in weiten Teilen unsicheren schriftlichen Überlieferung zu kombinieren und zu konfrontieren. Prunkgräber treten nicht zu allen Zeiten und überall auf 4. Sie sind temporäre erscheinungen, ausnahmen, und keine über mehrere Generationen genutzten dynastischen Grablegen. In der Forschung hat sich seit Langem die einsicht durchgesetzt, dass Prunkgräber in krisensituationen angelegt wurden, zumeist in randgebieten großer Herrschaftsräume 5. dies trifft auch auf Tournai 481/482 zu 6. die historische Situation konkurrierender »warlords« wurde im vorherigen kapitel kurz beschrieben 7. Man muss sich für die nachfolge childerichs aber auch im lokalen umfeld eine krisensituation vorstellen. chlodwig war anscheinend ca. 16 Jahre alt, als sein Vater starb 8. Wie auch immer die Nachfolge »ofiziell« geregelt war, sie war wohl keinesfalls gesichert 9. auch wenn keinerlei schriftliche Hinweise vorliegen, so kann man sich zumindest vorstellen, dass es Begehrlichkeiten einiger Militärführer childerichs gegeben hat. chlodwig, seine Mutter und seine Berater hatten jedenfalls eine notwendigkeit erkannt, durch eine entsprechende »aktion« die Herrschaft zu sichern. und dazu inNur einige Beispiele: James 1988, 58-64. – Innes 2007, 270. – nonn 2010, 110-113. – Becher 2009, 171 f.; 2011, 132-138. 2 die Bedeutung chlodwigs heben hervor Halsall 2001. – Jussen 2014, 39-44. – Sehr interessante, allerdings nur sehr kurze Überlegungen bei Theuws 2000, 11. – Für Werner 1992, 161 spielte chlodwig anscheinend keine große rolle bei der Bestattung; »er nahm sicherlich teil«, mehr aber nicht. 3 John Michael Wallace-Hadrill (1982, 163) hat treffend bemerkt, dass der chlodwig, den wir kennen, in erster Linie der chlodwig Gregors von Tours sei, der womöglich mit der historischen Persönlichkeit wenig zu tun habe. Parallel dazu ist anzumerken, dass der childerich, den wir aus dem Grab rekonstruieren, der childerich chlodwigs ist. – Vgl. auch Halsall 2001, 121. 1 4 5 6 7 8 9 kossack 1974. – Quast 2009a. – Vgl. auch die arbeit von Bergquist 2005, mit einer umfassenden Zusammenstellung und auswertung skandinavischer Befunde, die mit einem einführenden kapitel zum childerichgrab beginnt. kossack 1974, 25-33. – Gronenborn 2009. Ich benutze hier weiterhin das datum 481/482, bin mir aber der einwände von Halsall (2001) bewusst. die erneute analyse der Solidi (Fischer / Lind 2015, 20) unterstützt ausdrücklich eine Grablegung in den frühen 480er Jahren. Vgl. Beitrag Quast, Vater in diesem Band. Zur chronologie vgl. Beitrag Hardt in diesem Band (mit weiterer Lit.). Schneider 1972, 69. – Becher 2011, 144. 151. – Berndt 2012, 176 f. das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 237 szenierte er die Bestattung seines Vaters in beeindruckender Weise 10. Zwar können wir die genaue choreographie nicht mehr rekonstruieren, doch mehrere Bestandteile sind zu erschließen, und sie bieten ein imposantes Bild. »the twO faceS Of kINg chIlDerIc« Bereits 2002 hat Stéphane Lébecq unter diesem Titel eine Studie publiziert, in der er auf die unterschiedlichen Funktionen childerichs hinweist, die sich u. a. auch in den Grabbeigaben spiegeln 11. Gerade in der deutschsprachigen Literatur war die Bestattung immer wieder als germanisches königsgrab beschrieben worden, obwohl enge Beziehungen zum Römischen Reich durch die Zwiebelknopfibel und die Solidi erkannt worden waren. als Heiko Steuer die Bestattung aber als das Grab eines römischen Generals bezeichnete, war das explizit keines kommentares würdig 12. es geht letztlich um die Frage der ethnischen Interpretation archäologischer Funde. und gerade die Waffengräber – speziell jene mit Schwert – wurden gerne mit germanischen einwanderern in Verbindung gebracht 13. In den letzten Jahrzehnten wurden aber verstärkt auch andere Interpretationen publiziert, etwa von charles richard Whittaker, der die Waffengräber frei von ethnischen Zuweisungen als typische erscheinung von Grenzregionen beschrieb 14. auch Guy Halsall sieht keine Möglichkeit bzw. notwendigkeit dazu, die beigabenführenden Gräber Zuwanderern zuzuordnen. es seien Bestattungen der lokalen eliten, die in den unruhigen Zeiten die Grablegung als Form der Statusbekundung gewählt hätten 15. Frans Theuws und Monica alkemade erkennen in den Waffen schließlich nicht einmal mehr eine militärische komponente. Sie seien in die Gräber von Gutsbesitzern gelegt worden, um symbolisch deren schützende Funktion darzustellen 16. als ergebnis einer kulturellen neuorientierung statt einer germanischen einwanderung hat Hubert Fehr schließlich reihengräber und Beigabensitte im frühmittelalterlichen Gallien beschrieben 17. die diskussion kann mit dem childerichgrab nicht gewinnbringend weiterverfolgt werden, denn als Prunkgrab steht es ohnehin jenseits aller regelhaftigkeit. childerich stammt zwar aus einer Familie mit Migrationshintergrund, doch war diese seit Generationen in Gallien ansässig. die »zwei Gesichter« childerichs sind zunächst einmal ein ergebnis der von seinem nachfolger inszenierten Beisetzung 18. Für chlodwig war es wichtig, ein bestimmtes Bild seines Vaters während der Feierlichkeiten der Bestattung zu memorieren und zu vermitteln. die interessante Frage ist also eigentlich, welche Botschaften chlodwig mit seiner Inszenierung (und Beigabenauswahl) aussenden wollte. Vgl. dick 2014, 375. 377 bezeichnet das Begräbnis als »Bewerbung chlodwigs um die nachfolge«. die Bestattung ist aber eher der Beweis für eine bereits erfolgreich angetretene nachfolge. Vgl. Halsall 2001, 129. – Zur Bedeutung der Herrscherbestattung für die Legitimation des nachfolgers vgl. allg. rader 2003. – Vgl. auch künzl 2011. 11 Lebecq 2002 (mit weiterer Lit.). – nonn 2010, 113. 12 Steuer 1990, 45. – Werner 1992, 147 anm. 4. 10 238 D. Quast · chlodwig – die codes der Macht 13 14 15 16 17 18 z. B. Schulze-dörrlamm 1985, 549-561. – Böhme 1998; 2009, 46-54. Whittaker 1994, 232-240. Halsall 1992, 203. 207; 2009, bes. 273-277. Theuws / alkemade 2000, 454-461. – Theuws 2009. Fehr 2010, 681-768 bes. 750-768. – Vgl. auch von rummel 2013. kritisch zur Frage, ob überhaupt ein barbarisches element im Grab erkennbar sei: von rummel 2007, 368-375. BeIgaBeN uND BOtSchafteN I: DaS BIlD vON chIlDerIch Prunkgräber sind für archäologen nicht nur eine ansammlung reicher Funde. Sie lassen vielmehr rückschlüsse auf das Bestattungsritual zu. es waren Inszenierungen, die der nachfolger zur eigenen Legitimation benutzte. als Theateraufführungen mit akteuren und einem Publikum wurden sie bereits vor über zehn Jahren beschrieben 19. chlodwig demonstrierte in dieser krisensituation einer anscheinend doch unsicheren nachfolge durch die prunkvolle Bestattung seines Vaters seine herrschaftlichen ansprüche. diese art der darstellung benötigte selbstverständlich ein Publikum, das anspruch und Bedeutungsrahmen verstand 20. ohne das Zusammenspiel dieser beiden Gruppen konnte die »aufführung« ihre gewünschte Wirkung nicht entfalten, ja sogar vollkommen verfehlen. es handelt sich somit bei der öffentlich inszenierten Bestattung um ein ritual 21. es gibt keine Quellen, die die Teilnehmer an dieser Beisetzung nennen, und man kann nur vermuten, dass einige »Große« aus dem näheren umfeld dabei waren. unbekannt ist, ob (und wenn ja, wie) der Tod childerichs vor der Bestattung über die Grenzen seines Herrschaftsraumes hinaus kommuniziert wurde. es ist aber eher unwahrscheinlich, dass das geschah. Zum einen war es eine krisensituation, zum anderen ist von einem »Großen« bekannt, dass er nicht an der Feier teilnahm: remigius, der Bischof von reims 22. er sandte ein Glückwunschschreiben an den jungen könig, das mit den Worten beginnt »rumor ad nos magnum pervenit« (»uns hat ein bemerkenswertes Gerücht erreicht« / »es ist zu uns die laute kunde gelangt«) 23. nur unpersönlich sind Gruppen des Publikums zu benennen: neue eliten (Militärführer), alte eliten (Bischöfe, alte Familien), childerichs krieger und die Stadtbevölkerung von Tournai. Bei dem Versuch, die Bestattungsfeierlichkeiten zu rekonstruieren, muss man sich bewusst sein, dass ein Großteil dieser Handlungen keinen archäologischen niederschlag hinterlassen hat 24. die Beschreibungen über attilas Beisetzung († 453) in der Getica des Jordanes geben einen eindruck von den Feierlichkeiten, die gleich nach der Aufindung des Toten beginnen 25: »da schnitten sie sich, wie es bei jenem Volk Sitte ist, einen Teil des Haupthaares ab und entstellten ihr abscheuliches Gesicht durch klaffende Wunden, damit der große kriegsheld nicht mit weibischen klagen und Tränen, sondern mit Männerblut betrauert werde. […] Wie sein Leichnam von seinem Volk geehrt wurde, davon wollen wir nun einiges hervorheben. Mitten auf dem Felde unter seidenen Zelten wurden seine sterblichen reste aufgebahrt. dann führten sie ein wunderbares feierliches Schauspiel auf. die besten reiter aus dem ganzen Hunnenvolk ritten um den Platz herum, wo er lag, wie bei Zirkusspielen, und verherrlichten seine Taten in Leichengesängen. […] nachdem sie ihn mit solchen klageliedern betrauert, feierten sie ihm auf seinem Grabhügel eine ›strava‹, wie sie es nennen, mit unermesslichem Trinkgelage, und indem sie Gegensätze miteinander verbanden, vermischten sie die Todesklage mit Äußerungen der Freude. dann übergaben sie in der Stille der nacht den Leichnam der erde. Seinen ersten Sarg hatten sie aus Gold, den zweiten aus Silber, den dritten aus eisen gefertigt; damit zeigten sie, dass alles dies dem mächtigen könig zukomme: das eisen, weil er die Völker bezwang, Gold und Silber, weil er die Zierden beider reiche erhalten habe; dazu legten sie durch Feindes Tod erbeutete Waffen, kostbaren Pferdeschmuck, strahlend von edelsteinen aller art, und mancherlei ehrenzeichen, mit denen der Glanz des Hofes geziert wird. und damit menschliche neugier von so vielen großen reichtümern ferngehalten werde, töteten sie – ein schrecklicher Lohn! – die mit der arbeit Beauftragten nach vollbrachtem Werk«. Halsall 2001, 122; 2003, 61 (mit älterer Lit.). Vgl. auch dick 2014, 380 anm. 58 zu den »Spielregeln« gentilen kriegertums. 21 Vgl. althoff / Stollberg-rilinger 2008, 15 f. – Grundsätzlich zum Thema rituale vgl. Bell 1997. – ambos u. a. 2005. 19 20 anders Fischer / Lind 2015, 10, die eine illustre Teilnehmergruppe vermuten. 23 remigius epistola. Übersetzungen nach kat. Mainz 1980, 245 f. nr. 389 bzw. Becher 2011, 153. 24 der folgende abschnitt stammt aus Quast 2009b, 373. 25 Jordanes, Getica 44, 254-258. 22 das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 239 es wird sich bei diesen Textquellen kaum um objektive Beschreibungen handeln, zumal Jordanes nicht bei der Bestattung zugegen war. eines wird aber ganz offenkundig: welche Bedeutung die Feierlichkeiten hatten, die archäologisch niemals nachzuweisen sein werden. Was lässt sich für die Bestattung childerichs rekonstruieren? oben im kapitel zum Grabbau wurde herausgestellt, dass childerich höchstwahrscheinlich nicht in einer großen Grabkammer beigesetzt wurde. das bedeutet, er muss außerhalb des Grabes aufgebahrt gewesen sein, damit das Publikum ihn sehen konnte. nur so konnten chlodwigs »Botschaften« an die empfänger gelangen. der anblick, der sich den Teilnehmern der Bestattungsfeierlichkeiten bot, war sicher beeindruckend. der Tote lag in seinem ornat, zu dem kleidung, Waffen und Insignien gehörten, auf der »Bahre«, die vermutlich in seinem »Herrschaftssitz« in Tournai stand. Zusätzlich waren ein Münzschatz und ein wertvolles, altes Gefäß aus achat neben childerich deponiert worden. Man kann sich gut vorstellen, dass es eine rede gab, in der das Leben des Toten rekapituliert wurde. dabei konnten auch die Beigaben effektvoll thematisiert werden. Sie stellen ja auch »Stationen« aus dem Leben childerichs dar. einige der objekte waren für die Teilnehmer vermutlich mit bestimmten erinnerungen verankert. nach der aufbahrung wird der Transport zum Grab erfolgt sein. Zu den Feierlichkeiten, die dort stattfanden, gehörte die Tötung von 21 Pferden – ein blutiges, archaisches ritual. die Bedeutung, die der Schatz und die Pferde für den lebenden childerich (und auch für chlodwig) hatten, braucht vermutlich nicht extra herausgestellt zu werden. Zur Bewältigung der krisensituation wurden enorme Werte investiert. die darüber hinausgehende hohe symbolische komponente von Schatz und Pferden wird deutlich, wenn man sich die kurze Beschreibung des Tagesablaufs eines spätantiken königs betrachtet, den Sidonius in einem Brief an agricola beschreibt 26. demnach verbrachte der westgotische könig Theoderich II. am Morgen zunächst einige Zeit damit, Gesandtschaften zu empfangen, um dann einige Stunden seinen Schatz und seine Stallungen zu besichtigen. Schatz und Stallungen waren zentrale Punkte im Tagesablauf, und genau diese beiden elemente werden auch von chlodwig bei der Bestattungszeremonie betont. doch zurück zu dem aufgebahrten Toten. oben wurde behauptet, childerich sei in seinem ornat, also seiner amtstracht, die zu repräsentativen anlässen getragen wurde, bestattet worden. dies setzt voraus, dass es für einen »warlord« des 5. Jahrhunderts einen solchen ornat überhaupt gegeben hat. Bevor hierfür einige Indizien vorgestellt werden, sei eine Tatsache betont, die oft vernachlässigt wird bei der analyse von (Prunk-)Gräbern. dem oder der Toten wurde ja keinesfalls deren gesamter Besitz beigegeben. childerich verfügte als Militärführer sicherlich über eine Waffenkammer, und er kontrollierte vermutlich auch die Waffenproduktion in seinem Herrschaftsgebiet 27. Ganz sicher bestand auch seine persönliche Bewaffnung nicht nur aus den Schwertern im Grab. deren cloisonnéarbeiten waren von so herausragender Qualität, dass die Waffen für die Belastung im kampf zu fragil sind. kaum vorstellbar ist, dass childerich mit diesen Waffen in die Schlacht zog. es wird sich dabei eher um »Prunkwaffen« handeln, die nur bei bestimmten ereignissen zum einsatz kamen, wie etwa das edelsteinverzierte Schwert, das karl der Große bloß zu besonderen anlässen trug, wie einhard berichtet 28. der ohnehin schon vorhandene hohe Symbolgehalt der Waffen (und der Waffenbeigabe) wird dadurch noch gesteigert 29. Insgesamt spielt ornat in Prunkgräbern eine wichtige rolle. Jenseits des Limes zeigt sich bereits in den Gräbern der Gruppe Hassleben-Leuna-Gommern deutlich, dass den Bestatteten eine alltagstaugliche ausrüstung mitgegeben war, allerdings zusätzlich oftmals auf- 26 27 Sidon. epist. 1, II. – Hardt 2004, 218. – Fischer / Lind 2015, 7. Zur Waffenproduktion ist wenig bekannt. In der notitia dignitatum werden für reims »Spatharia« und für amiens »Spatharia und scutaria« genannt (not. dign. occ. IX, 36. 39 = Seeck 1983, 146). ob sie weiter produzierten und childerich sie unter seiner kontrolle hatte, ist unbekannt. Vgl. allg. Henrat 2006, 24. 240 D. Quast · chlodwig – die codes der Macht 28 29 einhardi Vita karoli Magni 23. Gute Zusammenstellung zum Thema Symbolgehalt von Waffen bei Sarti 2013, 232-249. abb. 1 Beigaben aus dem Grab von Pouan (dép. aube / F). – (nach kat. Mannheim 2001, 74). – o. M. wendig verzierte, aber fragil gearbeitete Gegenstände, die als ornat zu interpretieren sind. erwähnt sei hier nur der blattgoldverzierte, breite Gürtel aus Gommern (Lkr. Jerichower Land / d), der mit drei Schnallen aus Goldblech geschlossen wurde – kaum tauglich für ernsthafte Belastungen 30. er wurde separat in einer kiste beigegeben. auch innerhalb des römischen reiches lässt sich Vergleichbares nachweisen: Im spätrömischen Gräberfeld von Tongeren (prov. Limburg / B) Grab 99 wurde der Mantel zusammen mit der vergoldeten Zwiebelknopfibel separat in einer Kiste neben dem Toten deponiert 31. childerich hingegen war kein ornat zusätzlich beigegeben, er war darin gekleidet. und so war er wohl für die Bewohner von Tournai und für seine krieger gleichermaßen kenntlich als wichtigster Mann der Provinz. kaum zu übersehen ist aber die militärische komponente in der Grabausstattung, bestehend nicht nur aus den prunkvoll verzierten Schwertern, sondern auch aus den kampftauglichen Waffen Franziska, Lanze und den Schild. das ist eine klare Botschaft an die neuen eliten und an die versammelten krieger. chlodwig signalisiert damit ganz deutlich, dass er den erwartungen dieser Gruppen entspricht und sich als Teil von ihnen sieht. und auch die wichtigen Statussymbole childerichs – goldener Fingerring und der massiv goldene kolbenarmring – sind ein ganz klares »Bekenntnis« an diese Gruppen. Gerade dieser ringschmuck gehört zu den wichtigsten Merkmalen sehr reicher Männergräber des 5. Jahrhunderts 32. das Grab aus Pouan (dép. aube / F) ist entsprechend mit goldenem Hals-, Finger- und armring ausgestattet, ebenso mit reich verzierten Waffen (abb. 1) 33. Während diese Bestattung ungefähr zeitgleich mit derjenigen Childerichs ist, inden sich goldene ringe als Statussymbole schon im Hortfund von Lengerich (Lkr. emsland / d) aus der Mitte des 4. Jahrhunderts, der ohnehin eine nahezu identische Zusammensetzung aufweist wie das childerichgrab (abb. 2) 34. Becker 2010, 83-88. Vanvinckenroye 1984, Taf. 14. 32 Zuletzt (jeweils mit weiterer Lit.): von rummel 2007, 360-368. – Quast 2013, 181-185. 30 33 31 34 Zuletzt kat. Mannheim 2001, 144-146 nr. 4.6 (mit älterer Lit.). Quast 2009a, 132 f. – Schmauder 1999. das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 241 1 Gefäß Bewaffnung lengerich Zwiebelknopfibel Gold 2 kolbenarmringe Gold 4 Fingerringe Gold 18 (urspr. 1147) mehrere 1 Solidus 4. Jh. (urspr. 10) goldener Halsschmuck; 2 goldene tutulusförmige anhänger Silberschale – kleidungszubehör – Fibel armring Fingerring denare 2. Jh. Siliquae 4. Jh. Solidi Halsschmuck Tournai Zwiebelknopfibel Gold kolbenarmring Gold 1 Siegelring (Gold); 1 × glatt (Gold) 41 (urspr. > 200) 1 constantius II. 89 Solidi 5. Jh. (urspr. >100) – achatgefäß Spatha und Sax (jeweils mit Gürtung), Schild, axt, Lanze zahlreiche Schnallen und Beschläge abb. 2 Lengerich (Lkr. emsland / d): 1 erhaltene Goldfunde. – 2 tabellarische Gegenüberstellung der Funde aus Lengerich und dem Childerichgrab. – (1 nach Schmauder 1999, 94 Abb. 3; 2 nach Quast 2009a, 133 Abb. 13, 3 [modiiziert]). Von sehr großer Bedeutung war sicherlich das äußerst blutige ritual, das von chlodwig durch die Tötung von 21 Pferden im rahmen der Bestattungszeremonie vollzogen wurde 35. die Pferde – 13 Wallache, 5 Hengste und 3 Fohlen – waren durch Halsschnitt getötet worden. Man muss sich diese Handlungen nicht nur äußerst blutig vorstellen. die Pferde waren sicherlich extrem unruhig und verängstigt, sodass mehrere Männer dafür nötig waren, dieses »Schauspiel« durchzuführen, das in Gallien einzigartig war. die Tötung von Pferden im rahmen von Bestattungen war im 5. Jahrhundert nicht unbekannt, wie eine bereits 30 Jahre alte kartierung der Pferdegräber zeigt (abb. 3) 36. aber diese Gräber liegen östlich des rheins und auch im Werner 1992, 156 sah in dem Pferdeopfer »kein politisches kalkül«. Hier wird es ganz klar als Botschaft an die Teilnehmer der Bestattungsfeierlichkeiten gesehen. 36 oexle 1984, 133 abb. 6. – es gibt zwar mittlerweile mehrere nachträge zu dieser karte, die u. a. eine leichte Verdichtung im 35 242 D. Quast · chlodwig – die codes der Macht alamannischen Südwestdeutschland erkennen lassen (Schachdörges 2008, 702 abb. 1), die Gesamtaussage, nämlich dass in Gallien Pferdegräber nicht vorkamen, hat sich aber nicht geändert. 2 1 Vorkommen 2-3 Vorkommen 4-5 Vorkommen 6-10 Vorkommen 1. Hälfte - Mitte 5. Jh. Mitte 5. Jh. - um 500 2. Hälfte 5. Jh. - 1. Hälfte 6. Jh. abb. 3 Pferdegräber des 5. und frühen 6. Jhs. – (nach oexle 1984, 133 abb. 6). mittleren donauraum. In der regel handelt es sich dabei um ein Pferd; mehrere (aber keinesfalls 21) sind selten nachzuweisen. aus Großörner (Lkr. Mansfeld-Südharz / d) beispielsweise ist ein kindergrab bekannt, das aufgrund des goldenen kolbenarmrings zu einer der gesellschaftlich herausgehobenen Familien gehörte. direkt neben diesem Grab lagen zwei Grabgruben mit drei Pferden und zwei Hunden 37. ebenfalls in das 5. Jahrhundert, allerdings wohl früher als das childerichgrab datiert das kammergrab 1 unter dem Großgrabhügel Žuráň (okr. Brno-venkov / CZ). Zugehörig waren die Reste von fünf oder sechs Pferden 38. es gibt einige weitere, jüngere Befunde 39, die zwar noch einmal den gesellschaftlichen kontext verdeutlichen, in denen mehrere Pferde im rahmen von Bestattungsfeierlichkeiten getötet wurden, die aber bei der Beurteilung des childerichgrabes nicht weiterhelfen, denn es soll hier um die adressaten der Botschaft gehen, die chlodwig mit dieser Handlung erreichen wollte. und bezüglich dieser Frage ist die Verbreitungskarte eindeutig. es müssen Menschen aus dem raum östlich des rheins gewesen sein. Man ist gewillt, aufgrund des in den 37 38 Schmidt 1975, 75-80 abb. 23 Taf. 177 (Grab 19). Müller-Wille 1998, 23 abb. 11 (mit älterer Lit.). 39 Werner 1992, 156-160. – Müller-Wille 1998, 15-23. das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 243 Schriftquellen genannten achtjährigen exils childerichs und seiner thüringischen Frau Basina an krieger aus dem Thüringerreich zu denken 40. doch ist das aus der karte allein nicht abzulesen, und auch die ausdehnung bzw. die genaue Lage des Thüringerreiches und des aufenthaltsortes childerichs dort ist unbekannt 41. durchaus wahrscheinlich ist aber, dass childerich bei seiner rückkehr von einer schlagkräftigen Truppe begleitet wurde. darüber hinaus war Gallien mit seinen unterschiedlichen Herrschaftsbereichen wohl auch ein anziehungspunkt für Söldner aus benachbarten und auch entfernteren regionen. diese kriegergruppen aus dem raum östlich des rheins spricht chlodwig an – sie verstanden den Inhalt der Botschaft, wenngleich die enorme Zahl der Pferde auch für sie einmalig gewesen sein dürfte. Für alle anderen Teilnehmer der Bestattungsfeierlichkeiten war es ein blutiges, archaisches, vermutlich auch verstörendes ritual. Sollte das Grab childerichs mit einem Hügel überdeckt worden sein, so wäre dies ebenfalls befremdlich für die »alten« eliten, die in Sarkophagen innerhalb der kirchen beigesetzt wurden 42. es gibt aber auch Beigaben im Grab childerichs, die ganz deutlich als Botschaften an die »alten« eliten, eventuell auch an die Bevölkerung Tournais zu verstehen sind. Wie bereits oben erwähnt, wird man den ornat inklusive der Waffen des königs hier anführen müssen. childerich war schließlich kein »eroberer«, sondern er hatte mit seinen Truppen nach Gallien einfallende Gruppen erfolgreich abgewehrt 43. Bedeutend für diese Gruppen waren auch die Insignien, wie der Siegelring, das Zepter, das paludamentum mit goldener Zwiebelknopfibel und die Solidi. Diese Objekte hatten einen klaren Bezug zur römischen Welt. Auch wenn Gallien im 5. Jahrhundert von den kaisern bereits aufgegeben worden war, so waren die Symbole der Macht offenbar noch bekannt und hatten ihre Wirkung nicht verloren 44. Zumindest scheinen sie eine gewisse kontinuität zu spiegeln, dem Träger auch eine Legitimation zu geben. chlodwig vermittelt damit, dass sein Vater (und er) keine fremden eindringlinge waren, sondern ein wichtiger, legitimer Teil der Verwaltung und des Heeres. Svante Fischer und Lennart Lind haben kürzlich noch einmal die Zusammensetzung des Solidi-Schatzes untersucht. Ihrer Meinung nach wurde er »manipuliert«, denn es wurden nur Prägungen legitimer kaiser beigegeben, bereinigt von solchen illegitimer weströmischer Imperatoren 45. BeIgaBeN uND BOtSchafteN II: DIe legItImatION chlODwIgS Selbstverständlich diente die gesamte Bestattung der Legitimation chlodwigs. alle Beigaben waren für die Teilnehmer der Feierlichkeiten als Botschaften zu lesen, mit denen der nachfolger das Bild und die erinnerung an seinen Vorgänger prägte. es gibt einige Beigaben, mit denen chlodwig auch ganz klar seinen Herrschaftsanspruch unterstrich. Zwei objektgruppen sind anzuführen: die Teile des königsschatzes und die Symbolik der auf dem Schwertgurt angebrachten igürlichen Applikationen. Teile des königsschatzes sind im Grab durch den Münzschatz und das achatgefäß vertreten 46. Zwar wird in der Literatur bei der Bearbeitung der Münzen immer wieder betont, dass es sich nicht um einen lang angesammelten Schatz handeln könne, da die »Familie« childerichs keine lange Tradition habe 47. diese aussage betrifft aber nur die akkumulation des Schatzes. dass ein Schatz vorhanden war, steht außer Frage, wie auch immer childerich ihn erworben und erweitert hatte. der Thesaurus war das entscheidende Herr- Vgl. kritisch zum exil in Thüringen Halsall 2001, 124 f. Halsall 2001, 125. 127. – Grahn-Hoek 2001; 2002, 89. – Becher 2011, 108 f. 42 Dąbrowska 1989. – Heinzelmann 1976, 61-73. 43 Jussen 2007, 150-153; 2014, 28-31. Vgl. dick 2014, 376. Fischer / Lind 2015, 29 f. 46 Zu den unterschiedlichen aspekten des königsschatzes vgl. das Standardwerk von Hardt 2004. – Jetzt auch Pangerl 2013. 47 r.-alföldi / Stribrny 1998, 42. – Fischer / Lind 2015, 28. 40 44 41 45 244 D. Quast · chlodwig – die codes der Macht schaftsinstrument im Frühmittelalter 48. chlodwig wusste zweifellos darum, und bezeichnenderweise sind von Gregor von Tours zwei Szenen überliefert, in denen chlodwig andere fränkische Teilkönige ausschaltet, um deren »regnum cum thesauris« unter seine Herrschaft zu bringen 49. Regnum und thesaurus sind untrennbar miteinander verbunden. chlodwig sendet mit der Beigabe eines Teiles des königsschatzes die ganz deutliche Botschaft aus – »ich verfüge über den Thesaurus!« (was das regnum miteinbezieht). die Insignien seines Vaters waren anscheinend so stark personengebunden, dass chlodwig sie childerich mit ins Grab legte. auch das markiert deutlich ein ende und den Beginn eines neuen Herrschers. Von großer Bedeutung waren die igürlichen Applikationen am Schwertgurt. Der Symbolgehalt für die Teilnehmer der Bestattung ist heute kaum noch zu rekonstruieren; allenfalls oberlächliche Aussagen sind ohne schriftliche Überlieferung zu treffen. Bei dem Stierkopf liegt es nahe, an den bei Fredegar (Chron. III, 9) genannten Quinotaurus zu denken, ein stierköpiges Meeresungeheuer, das von ihm als Erzeuger Merowechs überliefert wurde. Bei Gregor von Tours hingegen ist diese Herleitung der fränkischen könige nicht erwähnt. In der lange Zeit geführten diskussion um ein germanisches Sakralkönigtum spielte diese Textstelle eine rolle. alexander Murray sieht aber hierin eher eine Verunglimpfung der Merowinger durch den »antiköniglichen« chronisten 50. das Meeresungeheuer wird von Murray als etymologisierende deutung des namens Merowech als »Meeresvieh« interpretiert 51. ein fränkisches Sakralkönigtum – für dessen nachweis auch immer die langen Haare der reges criniti angeführt wurden – lässt sich keinesfalls belegen 52. Für die langen Haare hat Philipp von rummel betont, dass sie »der üblichen äußeren erscheinung eines hochrangigen Soldaten« des 5. Jahrhunderts entsprachen und beispielsweise childerich auf seinem Siegelbild als Feldherr dargestellt sei 53. aber der Stierkopf und die Bienen hatten sicherlich eine große symbolische Bedeutung für chlodwig und auch schon für childerich. Die mit diesen igürlichen Applikationen verknüpften Inhalte sind heute nicht mehr sicher aufzulösen. Ihre Verwendung war aber bestimmt mit einem Symbolgehalt verbunden, der für die »Gruppe« identitätsstiftend war 54. Über den reinen Zusammenhalt der kriegergruppe durch militärischen erfolg hinaus wurde hier anscheinend ein »ideologischer Überbau« geschaffen. dies hat nichts mit einem sakralen königtum zu tun, genauso wenig, wie der amtseid – geschworen auf die Bibel – oder der aufdruck »In God We Trust« auf den Banknoten den amerikanischen Präsidenten etwas Sakrales verleiht. auf einen solchen ideologischen Überbau ist jede langfristige konsolidierung von Macht angewiesen, wie Michael Mann herausgestellt hat 55. In den Schriftquellen spiegelt sicherlich die jeweilige origio gentes diesen Überbau 56, im archäologischen Befund bieten meiner Meinung nach die igürlichen Applikationen einen Ansatz. das archäologische Material erlaubt zwar nicht, die inhaltliche Bedeutung von Bienen und Stierkopf zu dechiffrieren, aber die Tatsache, dass beide »Symbole« in den folgenden Jahrzehnten im Merowingerreich immer wieder auftauchen, zeigt, dass ihr Sinngehalt bekannt war 57. Von besonderer Bedeutung ist eine 48 49 50 51 52 53 54 In den Schriftquellen ist für die Zeit vor chlodwig kein Thesaurus genannt, was aber nicht bedeutet, dass es keinen gegeben hat. Pangerl 2013, 89 f. 106-108 zum childerichgrab. Gregor von Tours, Historiae II, 40, 90 f. und II, 41, 92. – Hardt 2004, 18 f. Murray 1998. – Plassmann 2006, 155-166. Murray 1998, 142. – Plassmann 2006, 157. – Felder 2003, 262 hält die Verbindung des namenselementes Mer- mit Meer aus sprachwissenschaftlichen Gründen für unmöglich. Picard 1991. – Diesenberger 2003. – Becher 2009, 164-166. – Vgl. erkens 2006, 102-109. – Zu den Haaren jetzt allg. ashby 2014, 172-179. von rummel 2007, 265-268 bes. 267. die von den Historikern geäußerte kritik (Wallace-Hadrill 1982, 220 f.; Fried 2004, 272 f.; Plassmann 2006, 157), dass die Schriftquellen keinerlei Hinweise auf einen »Stierkult« geben, ist insoweit zu vernachlässigen, da die Schriftquellen für das Frühmittelalter insgesamt ein unvollständiges Bild liefern. die Symbole »Stier« und »Biene« liegen im childerichgrab vor und sind auch in den Generationen nach childerich verbreitet (s. u.). Sie müssen entsprechend interpretiert werden. 55 Mann 1994, 40-49. – Münkler 2005, 79-82. 56 Plassmann 2014, 368-370. 57 alternativ zu Fredegars Quinotaurus sieht arrhenius 1997, 65 im Stierkopf einen apisstier und verweist auf ammianus Marcellinus (XVI, 12, 25), der auf den alamannischen könig chlodomachus hinweist, der dem Isiskult anhing und seinem Sohn den namen Sarapis gegeben hatte. – Vgl. Geuenich 1997, 42 f. mit korrekturen (es geht um chnodomars Bruder Mederich und dessen Sohn Serapio). das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 245 1 2 abb. 4 Gürtelgarnitur aus dem Grab der fränkischen königin arnegunde. die blauen kreise markieren die Stierköpfe. – (nach Fleury / France-Lanord 1998, II-138). – M. 1:1. Stierkopfdarstellung auf der Gürtelgarnitur aus dem Grab der fränkischen königin arnegunde (abb. 4) 58. aber auch kleine stierförmige Fibeln sind aus arcy-Sainte-restitue Grab 2085 (dép. aisne / F; abb. 5, 1) und Verly (dép. aisne / F; abb. 5, 2) bekannt 59. In Cloisonné ausgeführt indet sich ein schematisierter Stierkopf auf den riemenzungen und auf einem anhänger aus dem Frauengrab unter dem kölner dom (abb. 5, 3), dort übrigens kombiniert mit insektenförmigen anhängern 60. Stierdarstellungen waren in der Spätantike weitverbreitet und sind auch als Ziermotiv auf mediterranen Gürtelschnallen belegt (abb. 5, 4) 61. es ist für die Beurteilung des Stierkopfes aus dem childerichgrab aber zweitrangig, ob und gegebenenfalls woher das Motiv übernommen worden war. entscheidend ist seine exponierte Zurschaustellung und »nutzung«. Fleury / France-Lanord 1998, II-139; II-146 f. erkennen auch im cloisonnée der Schnalle aus Saint-denis Grab 36 einen Stierkopf. Für Verf. ist das nicht nachvollziehbar. – Périn u. a. 2012, 104 abb. 71; 110 abb. 79, 1. 59 Moreau 1877-1898, Taf. k. – von Jenny 1940, Taf. 58 (beide exemplare abgebildet). – Fleury 1878, 175 abb. 265. – Werner 1961, 62. 58 246 D. Quast · chlodwig – die codes der Macht doppelfeld 1960, Taf. 17, 13n. – Zuletzt ristow 2012, 81. – arrhenius 1985, 165 abb. 201. 61 Einige Beispiele (und Hinweise auf kaiserzeitliche Stieriguren aus dem Barbaricum): Quast 2003, 603 f. abb. 7. – Zur mediterranen Gürtelschnalle mit Stierkopf vgl. jetzt kat. München 2010, 176 abb. 53 (mit zu später datierung; vgl. zur chronologie Quast 1996, 532 f.). 60 Bienen sind häuiger vertreten im Kleinfundbestand. Neben den genannten Exemplaren indet sich auch auf zwei nahezu identischen cloisonnierten Gürtelschnallen aus Molain (dép. Somme / F; abb. 6, 3) und Le Sart (dép. aisne / F; abb. 6, 2) eine Biene dargestellt 62. Beide Schnallen sind nur wenig jünger als das childerichgrab 63. Von Interesse ist ein Schwertgriff aus cumberland / GB (abb. 6, 1), der neben einigen iligran verzierten Goldblechen auch ein cloisonniertes dekor in Form eines stilisierten Insekts aufweist 64. ebenfalls als Zierrat einer Spatha indet sich ein Insekt auf einer kerbschnittverzierten Schwertgurtgarnitur aus verzinnter Bronze aus Sablonnière (dép. aisne / F; abb. 6, 4-5), die allerdings schon in das 7. Jahrhundert datiert. Sowohl auf dem Schnallenbeschlag als auch auf dem Gegenbeschlag sind die Tiere zentral angebracht und deutlich zu erkennen 65. Auch auf Filigranscheibenibeln kommen cloisonnierte, insektenförmige applikationen vor 66. dafydd kidd hat weitere cloisonnéarbeiten mit Insektendarstellung zusammengestellt, die die weite Verbreitung des Motivs verdeutlichen 67. Genannt seien hier lediglich die riemenzungen aus dem Frauengrab unter dem kölner dom 68. In einiger Zahl sind insektenförmige Fibeln bekannt, von denen einige Zikaden darstellen, andere Bienen. Inwieweit hier eine missverstandene Motivübernahme vorliegt – die Zikaden sind eindeutig älter und zumeist aus dem karpatenbecken bekannt –, ist unklar 69. die Zikadenform gelangte im 5. Jahrhundert bis nach Süddeutschland und Gallien, wie ein altbekanntes exemplar aus Beaurepaire (dép. Isère / F) zeigt (abb. 7, 1) 70. die nahezu identische Gestaltung der Fibelpaare aus altenerding (Lkr. erding / d) Grab 26 (abb. 7, 11-12) und BarbingIrlmauth Grab 32 (Lkr. regensburg / d; abb. 7, 9-10) lässt an eine lokale Produktion denken, zumal auch die kleinen Zikaden aus Bittenbrunn Grab 37 62 63 64 65 66 Barrière-Flavy 1901, Taf. a5, 6. – Babelon 1919-1923, 76 abb. 10. – Boulanger 1902-1905, Taf. 25, 2. Quast 1996, 532 f. Salin 1904, 167 abb. 273. – Behmer 1939, Taf. 2, 3. Moreau 1877-1898, Taf. 21 nelle Série, 1. kühn 1941-1942, 274-276. – Thieme 1978, 399 f. 402 abb. 1, 37-49; 2, 10-15 karte 12. 1 2 3b 3a 4 abb. 5 Stierdarstellungen auf merowingischen kleinfunden des 6. Jhs.: 1 Fibelpaar aus arcy-Sainte-restitue (dép. aisne / F) Grab 2085. – 2 Fibel aus Verly (dép. aisne / F). – 3 anhänger aus dem Frauengrab unter dem kölner dom. – 4 Gürtelschnalle, Fundort unbekannt, östliches Mittelmeergebiet. – (1 nach von Jenny 1940, Taf. 58; 2 nach Fleury 1878, 5 abb. 265; 3a nach doppelfeld / Pirling 1966, 23; 3b nach arrhenius 1985, 165 abb. 201 mit farblicher Hervorhebung; 4 nach kat. München 2010, 176 abb. 53). – 1-2 M. vermutlich 1:1; 3 M. 2:1; 4 M. 1:1. kidd 1988. doppelfeld 1960, Taf. 21, 22a-b. – Werner 1963. – von carnapBornheim 1996. 69 Vgl. kazanski / Périn 2000. – escher 2005, 246-248 (mit älterer Lit.). 70 de Baye 1893. – kazanski / Périn 2000. – escher 2005, 246-248. 67 68 das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 247 1 abb. 6 Insektendarstellungen (Zikaden oder Bienen): 1 Schwertgriff aus cumberland / GB. – 2 Gürtelschnalle aus Le Sart (dép. aisne / F). – 3 Gürtelschnalle aus Molain (dép. Somme / F). – 4-5 Schnalle und Gegenbeschlag vom Schwertgurt aus Sablonnière (dép. aisne / F). – (1 nach Salin 1904, 167 abb. 273; 2 nach Boulanger 1902-1905, Taf. 25, 2; 3 nach Barrière-Flavy 1901, Taf. a5, 6; 4-5 nach Moreau 18771898, Taf. 21 nelle Série, 1). – 1 M. unbekannt; 2-5 M. 1:1. 2 4 3 5 (Lkr. Neuburg-Schrobenhausen / D; abb. 7, 13-14) eng verwandt sind und alle drei Fundorte aus einem relativ eng begrenzten raum stammen 71. Eindeutig bienenförmige Kleinibeln als Vergleiche für die Applikationen aus dem childerichgrab (abb. 7, 1) sind aus alem (prov. Gelderland / nL; abb. 7, 3), namur (B) (abb. 7, 5), Weimar (d) Grab 56 (abb. 7, 4), niedernai Grab 33 (dép. Bas-rhin / F; abb. 7, 6) und aldingen Grab 18 (Lkr. Ludwigsburg / d) bekannt (abb. 7, 7-8) 72. aus dem südalpinen raum liegt ein »dreidimensionachristlein 1967/1968, 91 abb. 4, 5-6. – koch 1968, Taf. 83, 1617. – Sage 1984, Taf. 197, 18-19. 72 alem: Willemsen 2014, 59 abb. 74. – namur: de Loë 1939, 56 f. nr. 19a; kazanski / Périn 2000, 25 abb. 6, 3. – Weimar: 71 248 D. Quast · chlodwig – die codes der Macht Schmidt 1970, 84 Taf. 90, 1a; kat. Sankt Petersburg 2007, 386 abb. V.3.4.1. – niedernai: Schnitzler 1997, 116 abb. 9, 2. – aldingen: Schach-dörges 2004, 33 f. abb. 47, 1-2; 53, 1-2. 3 1 4 5 2 6 7 8 9 10 11 12 13 14 abb. 7 Bienenapplikationen aus dem childerichgrab (1) sowie Zikaden- und Bienenibeln (2-12): 1 Tournai (prov. Hainaut / B), childerichgrab. – 2 Beaurepaire (dép. Isère / F). – 3 alem (prov. Gelderland / nL). – 4 Weimar / d Grab 56. – 5 namur / B. – 6 niedernai (dép. Bas-rhin / F) Grab 33. – 7-8 aldingen (Lkr. Ludwigsburg / d) Grab 18. – 9-10 Barbing-Irlmauth (Lkr. regensburg / d) Grab 32. – 11-12 altenerding (Lkr. erding / d) Grab 26. – 13-14 Bittenbrunn (Lkr. Neuburg-Schrobenhausen / D) Grab 37. – (1 nach Kat. Mannheim 2001, 173 abb. 4.16.4.2; 2 nach de Baye 1893, Taf. 1, 5; 3 nach Willemsen 2014, 59 abb. 74; 4 nach kat. Moskau 2007, 386 nr. V.3.4.1; 5 nach de Loë 1939, 57 abb. 40; 6 nach Schnitzler 1997, 116 abb. 9, 2; 7-8 nach Schach-dörges 2004, 107 abb. 47, 1-2; 9-10 nach koch 1968, Taf. 83, 16-17; 11-12 nach Sage 1984, Taf. 197, 18-19; 13-14 nach christlein 1967/1968, 91 abb. 4, 5-6). – M. 1:1. les« exemplar aus dem Schatzfund von domagnano (rep. San Marino; abb. 8) vor 73. auch bei diesen Fibeln ist die deutung unklar 74. Hervorzuheben ist aber, dass es sich bei den Insekten und den Stierkopfdarstellungen um zwei Motive der insgesamt sehr eingeschränkten igürlichen Darstellungen des späten 5. und 6. Jahrhunderts aus dem reihengräberkreis handelt. Ganz gleich, woher sie kamen und mit welchen Inhalten sie letztlich aufgeladen waren, childerich hatte sie an markanter Stelle in sein »ornat« übernommen und deren Symbolgehalt mit der eigenen Person verknüpft. diese Verknüpfung demonstrierte auch chlodwig noch einmal ganz deutlich bei der Bestattung, und er übertrug sie, als nachfolger seines Vaters, auf sich selbst. kat. Mailand 1994, 202 nr. III.27j abb. III.74j; III.81. – nawroth 2000, 95. 74 Vergil hat das gesamte 4. Buch seiner Georgica der Bienenkunde gewidmet, mit vielen Hinweisen auch zur symbolischen Bedeutung. – Vgl. Werner 1971, 45. – Moser 1977, 33 f. – Zur 73 1 2 abb. 8 Bienenibel aus Domagnano (Rep. San Marino). – (nach kat. Mailand 1994, 196 abb. III.74j; 201 abb. III.81). – L. 3,5 cm. symbolischen Bedeutung im christentum Hünemörder 1983, 134 f. – Vgl. allg. das weite Spektrum der Interpretationen, weit über die antike und das frühe Mittelalter hinaus, bei Tavoillot / Tavoillot 2015. das Grab des fränkischen königs childerich in Tournai 249 rItuale Der macht – »the twO faceS Of kINg chlODwIg« chlodwig hat die Bestattung seines Vaters erfolgreich inszeniert und seinen eigenen anspruch auf die Herrschaft durchgesetzt. Gerd althoff, der sich intensiv mit ritualen der Macht und mit Spielregeln in mittelalterlicher Öffentlichkeit beschäftigt hat, sieht in »demonstration und Inszenierung bestimmter Sachverhalte eine vorrangige Form der Veröffentlichung von entscheidungen im Mittelalter« und nicht in der verbalen Proklamation 75. obwohl er Jahrhunderte jüngere Beispiele analysiert hat, deren Überlieferungslage besser ist als jene der Zeit childerichs, so spiegeln sich seine ergebnisse doch auch in der 481/482 erfolgten Bestattung in Tournai wider. diese sei im Folgenden mit einem weiteren »Spektakel der Macht« 76 verglichen, der Taufe chlodwigs 77. Über sie liegen – im Gegensatz zur Bestattung childerichs – einige schriftliche Überlieferungen vor, die allerdings keine eindeutige datierung des ereignisses erlauben. die Taufe erfolgte Weihnachten, zwischen 497 und 508, sehr wahrscheinlich in reims und wurde von Bischof remigius vorgenommen (abb. 9) 78. das eigentliche ereignis, seine politische und seine religiöse Bedeutung, seine Überlieferung und genaue datierung sollen hier nicht weiter vertieft werden 79. die arbeiten dazu füllen regalmeter 80. Hier geht es um die »Botschaften«, die für die unterschiedlichen Teile des »Publikums« ausgesendet werden. Wie bei der Bestattung seines Vaters nutzte chlodwig seine Taufe zur demonstration und in diesem Fall auch zur weiteren Festigung seiner Macht. Wenn man betrachtet, welche Bedeutung chlodwigs Taufe noch heute beigemessen wird, so verwundert die spärliche Quellenlage. als zeitgenössische reaktion liegt lediglich ein Brief des Bischofs avitus von Vienne vor; einige Generationen jünger ist die relativ ausführliche Beschreibung von Gregor von Tours. der Brief avitus’ enthält zahlreiche Informationen, die von Bedeutung sind 81. es beginnt mit der ankündigung des ereignisses durch Boten, die anscheinend über das Herrschaftsgebiet chlodwigs hinaus ausgesendet wurden, denn Vienne, der Bischofssitz avitus‘, gehörte zum burgundischen königreich. Hier fasst man einen deutlichen unterschied zur Bestattung childerichs, die nicht einmal bis nach reims publik gemacht wurde, das zum Herrschaftsbereich childerichs zählte – remigius beginnt seinen Brief an chlodwig mit »rumor ad nos magnum pervenit« 82. die Taufe chlodwigs hingegen war von langer Hand vorbereitet und fand zu einem Zeitpunkt statt, an dem seine Macht gefestigt und weithin anerkannt ist. Man sieht dies auch daran, dass avitus sein Fernbleiben meint entschuldigen zu müssen. Von großer Bedeutung waren bei der Taufe wie bei der Bestattung Childerichs die alten und neuen Eliten – aus der Sicht avitus‘ »die zahlreiche Schar der versammelten Bischöfe«, die bereits vorab den Hergang plante. Beim anlass der Taufe ist es natürlich naheliegend, dass die Bischöfe im Vordergrund standen. doch auch die militärische komponente war wieder deutlich vertreten. der Planung der Bischöfe zufolge sollte chlodwig zur Zeremonie Helm und Panzer abnehmen, was bedeutet, dass er gerüstet zur Taufe erschien. Gregor von Tours zufolge wurden zusammen mit chlodwig 3000 »aus seinem Heer getauft« 83. die Bot- althoff 1993, 31. – Grundlegend althoff 2003; 2009. der Begriff »Spektakel der Macht« stammt von althoff / Stollberg-rilinger 2008, 15. 77 ein weiteres Spektakel der Macht chlodwigs erfolgte nach dem Sieg über die Westgoten und seinem triumphalen einzug in Tours. Mccormick (1989) hat ihn genau analysiert und meint hier eine »Germanic imitation of the emperor« (ebenda 163) zu erkennen. Vgl. dazu auch althoff 2003, 33 f. – Vgl. dick 2014, 377 f. 78 abb. 9 zeigt das untere drittel eines Buchdeckels aus dem 10. Jh., ist also wesentlich jünger als die Taufe. Goldschmidt 1914, 31 f. nr. 57 Taf. 23, 57. 75 79 76 80 81 82 83 250 D. Quast · chlodwig – die codes der Macht Zu den datierungsproblemen und zur Bedeutung der Taufe: Wood 1994, 41-49. – Geary 1996, 90-95. – Halsall 2001; 2007, 303-309 (mit Lit.). – dierkens 1997. – rouche 1997a. – Becher 2011, 174-203. – Jussen 2014, 44-51. – Heil 2014. Hier nur einige wichtige arbeiten für den einstieg in Zeit, raum, Person und Taufe: rouche 1997b. – Becher 2011. – Meier / Patzold 2014. – Vgl. dazu auch die Beschreibung chlodwigs als einen der bemerkenswertesten und liebenswertesten Herrscher des Mittelalters mit hohem Bildungsgrad auch in religiösen Belangen: daly 1994. avitus, epist. 46. – Heil 2014. Vgl. anm. 23. Gregor von Tours, Historiae II, 31. abb. 9 amiens, Musée de Picardie. die älteste darstellung der Taufe chlodwigs auf einer elfenbeintafel des 10. Jhs. – (Wikimedia Commons). – B. 12,2 cm. schaften, die von diesem Spektakel der Macht ausgingen, verkündeten einen »neuen ideologischen Überbau« für das regnum chlodwigs, nämlich die ecclesia 84. diese Botschaft war für alle Gruppen gleichermaßen zu verstehen. Bei der Bestattung childerichs waren die vielen Botschaften hingegen nur für die anwesenden krieger zu verstehen, und deren Loyalität galt es zu gewinnen, war doch das Heer das wichtigste Instrument zur durchsetzung der Politik im Gallien des ausgehenden 5. Jahrhunderts. dieses Heer hatte allem anschein nach heidnisch geprägte Vorstellungen und die wurden entsprechend »bedient«. Folgt man den hier geäußerten Gedanken der inszenierten Bestattung, so muss man sich wohl von der annahme lösen, dass daraus irgendwelche gesicherten aussagen zum Glauben childerichs abzulesen seien 85. Guido Berndt hat erst vor kurzem zudem darauf hingewiesen, dass die Frage, »ob childerich Heide oder christ war, genauso wie die Frage, ob er Barbar oder römischer Heerführer war, in dieser ausschließlichkeit den Verhältnissen der Zeit gar nicht angemessen« sei 86. eine Hybridität in der herrschaftlichen Gewalt chlodwigs konstatiert auch Stefanie dick 87. Interessant ist, dass chlodwig mit der Bestattung seines Vaters eigentlich alle jene Gruppen anspricht, die er im Laufe seines Lebens zu seinem regnum francorum vereint. BIBlIOgraphIe Quellen ammianus Marcellinus, römische Geschichte [rerum gestarum]. Lateinisch und deutsch und mit einem kommentar versehen von W. Seyfarth. 1. Teil: Buch 14-17 (darmstadt 1970). avitus, epist.: alcimi ecdicii aviti Viennensis episcopi opera qvae svpersvnt. rec. r. Peiper. MGH aa 6,2 (Berolini 1883). einhardi Vita karoli Magni. Post G. H. Pertz rec. G. Waitz. MGH SS 7 = MGH SS rer. Germ. 25 (Hannoverae 61911). 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Mit 16 auf den Thron Forschungen am rGZM – Mosaiksteine, Band 12 Begleitbuch zur Intervention in der dauerausstellung Frühes Mittelalter des römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz ab dem 6. november 2015 55 S. mit zahlreichen meist farbigen abb. Mainz 2015 isbn 978-3-88467-259-4 € 16,– Wie schafft man es, als derjenige anerkannt zu werden, der im Lande entscheidungen fällt und durchsetzt? Tagtäglich empfangen wir zahllose Texte, Bilder und Zeichen, die uns etwas versprechen, um uns werben oder uns sogar drohen. Ihre absender wollen, dass wir ihnen das Mandat der Macht erteilen. dabei sollen wir die manchmal offenen, manchmal verschlüsselten Botschaften so verstehen, wie ihre absender es wünschen. auch die archäologie entschlüsselt »codes der Macht«. Sie verbergen sich in objekten, deren Fundzusammenhänge uns die »Bühnen« zeigen, auf denen die mit ihnen verbundenen Botschaften dem Publikum präsentiert wurden. dieser Blick auf Machtkämpfe in längst vergangenen Gesellschaften, in ganz anderen Herrschaftsstrukturen und Medienwelten ausgetragen, schärft unser Bewusstsein für gegenwärtige »codes der Macht«. Im Jahr 482 waren es die Begräbnisfeierlichkeiten für könig childerich, die sein Sohn, der 16-jährige chlodwig, für die Sicherung seiner nachfolge auf den Thron zu inszenieren wusste. Verlag des römisch-Germanischen Zentralmuseums, Mainz ernst-Ludwig-Platz 2 · 55116 Mainz · Tel. 0 61 31 / 91 24-0 · Fax 0 61 31 / 91 24-199 e-Mail: verlag@rgzm.de · Internet: www.rgzm.de · http://shop.rgzm.de